Deutsch-Norwegisches Theater im tjg.
Im Theater der jungen Generation Dresden (tjg.) feierte gestern (21.5.) die deutsch-norwegische Koproduktion „Ferne Fremde Liebe“ (norwegischer Originaltitel: „Nar får du tenkt deg om“) Uraufführung. Das Theaterstück ist im Rahmen des internationalen Kinder- und Jugendtheaterfestivals „Projekt 11+“ entstanden und vereinte Schauspieler des tjg. und des Brageteatret Drammen auf der Dresdner Bühne.
Lange haben die norwegische Autorin Liv Heløe und tjg.-Dramaturgin Ina Klose für das gemeinsame Theaterprojekt nach einem geeigneten Sujet gesucht, das die Jugend in Norwegen und Deutschland anspricht und gleichfalls auf kulturelle Verknüpfungen beider Länder verweist. Und so erzählt „Ferne Fremde Liebe“ (Foto: PR/Klaus Gigga) nun die Geschichte zweier junger Frauen, die sich in der gleichen Zwickmühle befinden, obwohl sie mehrere Generationen voneinander trennen. Da ist Nina (wunderbar jugendlich-rebellisch: Isabell Giebeler), die mit dem geheimnisvollen Roma-Jungen Moreno (Gregor Wolf) verabredet ist und sich nicht traut, ihrer Mutter Hilde (Ines Prange) von der Begegnung mit dem Fremden zu erzählen. Und da ist Ninas Urgroßmutter Ruth, die im Sterben liegt und von ihrer Jugend in Norwegen träumt. Ruth (ganz stark gespielt von Line Heie Hallem) verliebte sich als junges Mädchen in den Deutschen Soldaten Werner (Gregor Wolf) – und beging im von der deutschen Armee besetzten Norwegen damit gleichsam Vaterlandsverrat.
Auf humorvolle Art entspinnt sich in dieser Doppelgeschichte – Regie führte Philippe Besson – schließlich ein Konflikt der modernen, westlichen Multi-Kulti-Welt, in der es häufig weder dem Einzelnen noch der oft nach alten Werten schreienden Gesellschaft gelingt, noch zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Dass sich der Konflikt der jungen Nina, die am Ende selbst nicht mehr weiß, ob Moreno Engel oder Teufel ist, in der Liebesgeschichte ihrer Urgroßmutter Ruth dabei gleichsam widerspiegelt, ist nicht nur ein gelungener bi-nationaler Kunstgriff der Autorin Liv Heløe, sondern macht auch einen Reiz dieser Inszenierung aus. Schließlich trifft die Anspielung auf das düsterste Kapitel deutsch-norwegischer Vergangenheit bis heute beide Länder tief ins Mark und wirft daher umso deutlicher Fragen über unser aller Handeln in der Gegenwart auf, deren Beantwortung am Ende nicht nur Norwegern und Deutschen schwer fallen dürfte. Vor der spiegelnd-funktionalen Bühne Yngvar Julin, auf der Schauspieler aus beiden Ländern eine überzeugende Vorstellung liefern, gedeiht diese Koproduktion somit zu einem ebenso spannenden wie nachhaltigen Theatererlebnis.
„Ferne Fremde Liebe“ am tjg., wieder am 23./24./25.5.2011
Linktipp: www.tjg-dresden.de
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