Takács Quartet bei den Musikfestspielen
Brahms warmtönige Romantik trifft auf Brittens kantige Moderne – wie gut das harmoniert, hat das Takács Quartet (Foto: PR/Ellen Appel) bei seinem gestrigen Konzert (17.5.) im Palais im Großen Garten eindrucksvoll bewiesen. Das aus Ungarn stammende Streichquartett ist weltweit für seine innovativen Konzertkonzeptionen bekannt. Bei den Dresdner Musikfestspielen spielten die vier Musiker nun zusammen mit dem renommierten Bratschisten Lawrence Power auf.
Zwei Streichquintette von Johannes Brahms – der eher für sein sinfonisches Schaffen und seine Lieder, weniger für Kammermusik bekannt ist – bilden den Rahmen für dieses zweistündige Konzert. Sowohl das Quintett Nr. 1 F-Dur als auch Nr. 2 G-Dur ist für zwei Violen geschrieben. Sie gehören zu den wenigen Kammermusikwerken von Brahms, in denen kein Klavier besetzt ist. Das Takács Quartet lässt diesen warmen weichen Klang zusammen mit Lawrence Power nun im barocken Palais wieder aufleben. Fließend fügen sich ihre Stimmen ineinander, fast so als würde ein stummes Band der Verständigung sie zusammenführen. Die Musiker Eduard Dusinberre (Violine), Károly Schranz (Violine), Geraldine Walther (Viola), Andrá Fejér (Violoncello) und Lawrence Power (Viola) gehen sichtbar in dieser Musik auf, während sich die Sonne rings um das Palais langsam herabsenkt.
Das sich an das Brahms-Quintett Nr. 1 direkt anschließende Streichquartett Nr. 3 von Benjamin Britten bietet dazu eine hörbare Zäsur, führt allerdings keineswegs zum stilistischen Bruch. Im Gegenteil: Viel eher erscheint die bewegende Dialogsituation, mit der Britten sein fünfteiliges Stück eröffnet, als eine Weiterentwicklung des Vorangegangenen. Mehr kantig als fließend, aber dennoch melodisch singen, jammern und streiten Violinen und Violen hier scheinbar miteinander, wobei das Violoncello neunmalklug hineinmeckert und einen gelungenen Kontrapunkt setzt. Wie in einem Kaleidoskop fügen sich die Einzelstimmen dabei immer wieder zu einem Ganzen. Mal gibt eine Solo-Violine Töne wie Nadelstiche von sich, so als würde sie weinen und bittere Wehmut klagen, um später von den Tiefen des Cellos geerdet zu werden – bis das Stück schließlich in einem getragenen Rezitativschluss endet, der diesen Dialog der Instrumente zum wehmütigen Konsens führt. Den Musikern gelingt es dabei einmal mehr die Spannung bis zum sacht verklingenden Schlusston zu halten, sodass Britten bis in die Pause nachklingt.
Danach schließt sich der Kreis mit Brahms Quintett Nr. 2, das lebhaft die Romantik zurück ins Palais holt. Erneut halten das Takács Quartet und Lawrence Power den Saal mit ihrem virtuosen Zusammenspiel ganz im Bann der Musik gefangen. Fast scheint es, als hätte Brittens musikalisches Zwischenspiel die Musiker gar noch fester zusammengeschweißt. Und wiederum wird deutlich, wie überraschend gut die Kombination aus Brahms und Britten hier nach wie vor gelingt. Der minutenlange Applaus nach dem vierten Satz bestätigt dies. Einzig, dass das Spiel dennoch ohne Zugabe blieb, mag einige Konzertbesucher vielleicht ein wenig irritiert haben. Als Entschädigung – sowie für all jene, die nun neugierig geworden sind – sei an dieser Stelle auf die Übertragung der Liveaufzeichnung dieses Konzerts auf Deutschlandradio Kultur am kommenden Sonntag (19.5.), um 20.05 Uhr verwiesen.
Nicole Czerwinka