Martin Walker liest bei den Musikfestspielen
Schummeratmosphäre herrscht in der Sektfabrik auf Schloss Wackerbarth, als dort am Donnerstag (23.5.) ausnahmsweise nicht edel perlende Sachsentropfen, sondern wohlgewählte Worte im Rampenlicht stehen. Im Rahmen der Musikfestspiele Dresden las der schottische Schriftsteller und Journalist Martin Walker (Foto: PR/Bastian Schweitzer) zusammen mit seiner deutschen Hörbuchstimme Johannes Steck fünf Ausschnitte aus seinem Kriminalroman „Femme fatale. Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police“ (die deutsche Version erschien just im Diogenes Verlag). Dieser spielt, wie schon die vorherigen Teile der Reihe, in einer ländlichen Gegend Frankreichs, welche die idyllische Radebeuler Weinbergumgebung auf dem edlen Schloss passgenau widerzuspiegeln scheint.
Walkers Lesetour führt ihn – so erzählt er mit rollendem schottischen Akzent in verblüffend gutem Deutsch – jedes Jahr im Mai nach Deutschland und startet 2013 nun im weinseligen Ambiente. Der Saal, in dem sonst Wackerbarths Sektflaschen abgefüllt werden, ist dabei erstaunlich gut besucht – obwohl bei dieser Musikfest-Lesung tatsächlich keine Instrumente aufspielen. Wie sich in der gut einstündigen Veranstaltung jedoch zeigt, schwingen Walkers wohlgewählte Worte im englischen Original ebenso wie in der deutschen Übersetzung mit eigener Musikalität. Das knisternde Vokabular des Schotten offenbart sich auch in den von ihm groß gestikulierend vorgetragenen Textstellen, erschwert allerdings deren Verständlichkeit, denn die englischen Ausschnitte werden nicht noch einmal übersetzt. Nahtlos schließt sich daran Johannes Steck – mehrfach preisgekrönt für seine Hörbuch-Interpretationen von Ken Follett und Simon Beckett –, welcher der deutschen Version der Erzählung raustimmig und mit unaufgeregt präziser Betonung Leben einhaucht.
Angeregt durch Walkers langjährige Arbeit als politischer Journalist handeln seine Romane um Polizeichef Bruno von beschaulichen französischen Landschaften, humorvollen Liebesgeschichten und knallharten Kriminalfällen. Ähnlich, wie man es von den Skandinaviern kennt. So geht es in „Femme fatal“ um den Fall einer schönen Frau, die nackt, aber tot in einem Kanu auf einem der glasklaren Flüsse rund um das verschlafende Dörfchen Périgord herumtreibt. Ein wohl satanisches Tattoo auf ihrem Körper stellt den Polizisten ebenso vor ein Rätsel, wie die undurchsichtigen Finanzflüsse am Rand dieser lauschigen französischen Ufer und das Verhalten seiner Geliebten Isabelle. Das alles verpackt Walker in farbige Beschreibungen, die in der deutschen Version ebenso treffsicher schillern wie im Original, und wohl den eigentlichen Reiz seines Werkes ausmachen. Gewürzt mit vielen Anekdoten und Hintergründen aus vorherigen Teilen der Romanreihe gedeiht dieser Abend schließlich zu einer gelungenen Melange aus englisch-deutschem Lesungsdialog mit französischem Schauplatz inmitten der Radebeuler Weinlandschaft. Nicht mehr und nicht weniger.
Nicole Czerwinka