Christine Fischer: „Elisa und der Schatten Napoleons“
Herbstzeit ist auch Lesezeit. Unter dem Motto „Herbstauslese“ gibt es auf elbmargarita.de eine Serie, in der wir ausgewählte Romane und Erzählungen rezensieren, die in Dresden spielen. Heute: Christine Fischer: „Elisa und der Schatten Napoleons“
Elisa, die Enkeltochter des Pirnaer Apothekers Heinrich Tilla, wächst behütet, wenn auch ohne Vater, auf. Als 1806 Napoleon in Sachsen einmarschiert, zieht es Elisa nach Dresden. Sie heiratet und ist mit ihrem Leben zufrieden. Doch wie die anderen Bürger Dresdens auch leidet sie unter den Einquartierungen und Abgaben an die vermeintlichen Verbündeten. Dennoch ist sie bereit, Hunger und Krankheit zu trotzen und versucht, zu helfen, wo sie kann. Bis ihr Ehemann Alois 1812 von der französischen Armee eingezogen wird, Napoleon auf seinen Russlandfeldzug begleiten muss und nicht zurückkehrt. Elisas Welt liegt in Trümmern.
Die Dresdner Autorin Christine Fischer wirft in ihrem historischen Erstlings-Roman „Elisa und der Schatten Napoleons“ den Blick nicht auf den Kaiser und seine Schlachten, sondern darauf, wie sich die kaiserlichen Truppen als Verbündete aufführten. Denn der Kaiser hielt seine sächsischen Verbündeten mit eiserner Hand im Würgegriff. Anschaulich beschreibt Fischer, wie die Dresdner Bevölkerung unter den französischen Truppen litt. Die Bürger wurden gezwungen, Soldaten in ihren Wohnungen aufzunehmen und zu verpflegen. Nahrung wurde rationiert und die hygienischen Verhältnisse waren schlecht. Inmitten dieses Chaos findet Hauptfigur Elisa ihren Weg, sie besitzt medizinische Kenntnisse und hilft in Krankenhäusern aus. Auch als Hebamme lässt sie sich ausbilden. Dabei trifft sie bei einer Reise nach Leipzig auch den Mediziner Carl Gustav Carus.
Elisa ist eine starke Frau, die von schweren Schicksalsschlägen gebeutelt ist, aber dennoch bereit, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen. Zuweilen wirkt sie etwas abgehoben, beinahe hochnäsig. Dennoch hat Fischer mit ihr einen starken Charakter geschaffen, der vor allem in der zweiten (Dresdner)-Hälfte zutiefst sympathisch ist.
Fischers Schreibstil ist lebhaft und sehr anschaulich. Auf den ersten Seiten des Buches wirkt er aber noch etwas ermüdend, denn sie holt schon sehr weit aus, um Elisas Geschichte zu erzählen. Doch wer hier dranbleibt, wird mit einer spannenden und auch lehrreichen Erzählung belohnt. Gerade die Jahre 1806 bis 1813 sind großartig recherchiert und ohne Künstelei präsentiert. Die Beschreibungen sind detailreich und lassen einen ungewöhnlich lebhaften Blick auf die Bevölkerung Dresdens und auch Leipzigs zu. Napoleon tritt mehrfach selbst in Erscheinung, aber ist vor allem durch seine französischen Truppen präsent.
Wer glaubt, nach den ersten Seiten des Romans eine seichte Geschichte vor historischem Hintergrund in seinen Händen zu halten, der wird alsbald eines Besseren belehrt. Nicht wenige, nach Angaben der Autorin, belegte und zum Teil sehr drastische Szenen des Alltags lässt sie geschickt einfließen. Da stockt einem schon mal der Atem. Trotz aller Genauigkeit und Ernsthaftigkeit erdrückt das Buch nicht. Im Gegenteil, ihr flüssiger Schreibstil gewährt Lesevergnügen in einem Ritt und auch der Humor kommt dabei nicht zu kurz.
Janine Kallenbach