Palais Sommer gedenkt Hiroshima vor 70 Jahren
Die Dresdner Sinfoniker erinnern mit einer riesigen Videoprojektion im Rahmen des Palais Sommers an den 70. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima. Grundlage für das Projekt bildet das Manga „Barfuß durch Hiroshima“ des japanischen Zeichners Keiji Nakazawa (Illustration © 2003 Keiji Nakazawa, mit freundlicher Genehmigung des Carlsen Verlags), der die Katastrophe mit sechs Jahren miterlebte und dies in seinem Comic verarbeitet hat. Markus Rindt, der Gründungsvater der Dresdner Sinfoniker, erzählt im Interview mit elbmargarita.de, was die Besucher am Donnerstag (6.8.) vor dem Japanischen Palais erwartet.
Das Manga „Barfuss durch Hiroshima“ ist in Deutschland bislang kaum bekannt. Woran liegt das?
Barfuß durch Hiroshima ist in Deutschland gar nicht so unbekannt. Wenn man sich beispielsweise den Verkaufsrang auf Amazon anschaut, dann steht das Buch derzeit auf Rang 2 unter den Comics. In der Comic-Szene ist es auch hierzulande sehr berühmt. Möglicherweise ist die Szene hier aber kleiner als im englisch- oder französischsprachigen Raum. Auf jeden Fall ist „Barfuß durch Hiroshima“ eines der beeindruckendsten Bücher, die ich bisher in die Hand bekommen habe. Mit Mangas kam ich bisher überhaupt nicht in Berührung und kann nur sagen, dass dies womöglich die treffendste Art ist, ein solch unglaubliches Thema anzugehen.
Wie erinnert ihr am Donnerstag an die grausame Katastrophe?
Wir projizieren das Manga in einer Bildauswahl von Manuel Gogos in zwei Ebenen open air im Rahmen des Dresdner Palais Sommers. Eine Projektionsfläche bildet die Fassade des Japanischen Palais, die andere eine Leinwand in der Nähe der Bühne, auf der die Handlung mit Dialogen und Erklärungen verfolgt werden kann. Die Projektion auf der Fassade des Gebäudes ist eher abstrakt und illustrativ. Die Blicke des Publikums werden zwischen beiden Ebenen und der Bühne schweifen. Zu den Bildern improvisieren acht Musiker der Dresdner Sinfoniker. Sie erzeugen quasi einen Live-Soundtrack.
Wie kann man eine so unsagbare Geschichte denn in Musik und in Bilder fassen?
Oğuz Büyükberber, ein Solist und Videokünstler aus Amsterdam, hat sich wochenlang mit dem Stoff beschäftigt, die Zeichnungen künstlerisch bzw. videografisch bearbeitet und musikalische Skizzen angefertigt, die den Musikern als Orientierung für die Improvisation dienen werden. Durch die lange Auseinandersetzung mit dem Stoff kennt er das Werk am besten und leitet musikalisch sowohl die Proben als auch die Aufführung.
Was ist das Anliegen der Videoprojektion? Sagen die reinen Manga-Zeichnungen nicht allein schon alles?
Das kann man nicht direkt miteinander vergleichen. Natürlich ist die Lektüre des Mangas absolut bewegend und in sich vollendet. Künstler haben aber zu allen Zeiten Texte, Gedichte oder Gemälde als Grundlage genommen, um sie mit anderen Kunstgattungen zu kombinieren und in etwas Neues zu überführen. Durch die verschiedenen Bildebenen und den Live-Soundtrack ergibt sich bei „Barfuß durch Hiroshima“ auch ein ganz anderes Produkt. Nehmen wir zum Beispiel unser Projekt „Mein Herz brennt“ nach Texten und Liedern der Gruppe Rammstein, das wir 2003 im Kulturpalast uraufgeführt haben und das als CD bei der Deutschen Grammophon erschien. Der Komponist Torsten Rasch hatte damals die Texte und Melodien von Rammstein genommen und sie für großes Sinfonieorchester, Sprecherin und Bariton (Katharina Thalbach und René Pape) neu bearbeitet. Man könnte sogar sagen, neu komponiert. Das Projekt war sehr erfolgreich, wenngleich es auch polarisiert hat. Aber das darf es ja auch.
Seid ihr auf die Japanische Botschaft mit dem Projekt zugegangen? Wie haben die reagiert?
Die Japanische Botschaft hat sich sehr über unsere Initiative gefreut. Ein Gesandter der Botschaft wird vor der Aufführung ein paar Worte sagen. Vielleicht ist die Botschaft ja behilflich, unser Projekt zu einem späteren Zeitpunkt mal nach Japan oder sogar nach Hiroshima zu bringen.
Termintipp: „Barfuß durch Hiroshima“ beim Palais Sommer am 6.8., Beginn 21 Uhr, Eintritt frei