Daniel Hope und das kammerorchester BaSel bei den Musikfestspielen
Als Zugabe gab es zweimal Vivaldi und ein Werk des heute schon fast vergessenen Violinisten Johann Paul von Westhoff (1656-1705), dem Dresden eigentlich eine Straße widmen sollte, wie Daniel Hope (Foto: PR/Harald Hoffmann) findet. Für sein Konzert mit dem Kammerorchester Basel bei den Dresdner Musikfestspielen setzte er mit Westhoff einen virtuosen Schlussakkord.
Es war ein gediegenes Ende für Hopes fesselnde musikalische „Hommage an Yehudi Menuhin“, den großen Geiger und Humanisten, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiern würde. Hope selbst wuchs im familiären Umfeld von Menuhin auf. Seine Mutter war Privatsekretärin und Managerin des Künstlers – und obwohl Hope nie Schüler seines Mentors war, sagte er einmal in einem Interview, dass Menuhin der Grund sei, warum er Geiger geworden ist.
Wenn dem so ist, dann möchte man Menuhin an diesem Abend fast dafür danken, dass er Hope mit seiner Musik und Weltanschauung in dem Maße inspirierte. Für dieses sehr persönliche Konzertprogramm zu Ehren des großen Meisters haben die Musikfestspiele mit der Martin-Luther-Kirche im Herzen der Neustadt einen passenden Ort gewählt: keinesfalls pompös, eher von einem stillen Charme ist diese Kirche umgeben. Hier verbinden sich mit Werken von Bach über Bartok bis Glass nicht nur zwei Generationen von Musikern, sondern auch Lieblingsstücke Menuhins mit solchen, die für ihn geschrieben wurden.
Stücke ganz unterschiedlicher Charakteristik fügen sich in dem Programm verblüffend stimmig aneinander. Das beginnt ganz traditionell mit Bachs Konzert für zwei Violinen, Streicher und Basso Continuo in d-Moll, in dem Daniel Hope (hier als 2. Violine) und Anders Kjellberg Nilsson (1. Violine) ihre Instrumente in einen spritzigen Dialog setzen – und den Hörer mit großer Farbigkeit und Einfallsreichtum sofort gefangen nehmen.
Mit Bela Bartoks Divertimento für Streichorchester Sz 113 zeigt das Kammerorchester Basel anschließend noch eine ganz andere Facette: Elektrisierend machen die Musiker besonders die dramatische Dichte des zweiten Satzes hörbar, der an den spannungsvollen Höhepunkt einer düsteren Geschichte erinnert.
Auch Daniel Hope ist ein Erzähler auf seinem Instrument. Nicht nur mit kurzen, humorvollen Moderationen nimmt er das Publikum mit auf eine musikalische Zeitreise. Auf seiner Geige spielt er klug mit Tempi und Dynamik, so als würde er eine Geschichte rezitieren. Hope spürt dabei jeder Note nach, seine Interpretationen sind stets zielgerichtet und durchdacht, aber nie verkopft, sondern auch emotional tiefgründig. Dabei ist ihm als Solist jede Eitelkeit fern, vielmehr setzt er auf eine gleichberechtigte Symbiose mit dem Orchester. Besonders schön gelingt das zusammen mit Anders Kjellberg Nilsson (2. Voline) bei Philip Glass „Echorus“ für zwei Volinen und Streicher. Es bäumt sich allmählich in intensiven Wogen auf, um am Ende sachte, ja fast andächtig in der Kirche auszuklingen.
Den Schlusspunkt setzt schließlich Felix Mendelssohn Bartholdys Konzert für Violine und Streichorchester d-Moll. Ein lebhaftes Werk, das anfangs fast wie ein Bruch zu den kurzen modernen Stücken von Arvo Pärt, Philip Glass und Bechara El-Khoury wirkt. Doch wird es schon bald zu einer intensiven musikalischen Offenbarung. Fast scheint die Zeit stehen zu bleiben, wenn Hope seiner Violine immer neue Klangfarben entlockt, dem Werk, das Mendelssohn mit nur 13 Jahren komponiert hat, dabei aber eine klare Kontur verleiht, abermals wie ein Erzähler, der bunte Bilder im Kopf seiner Zuhörer heraufbeschwört. – Euphorischer Applaus und Bravo-Rufe quittieren diesen persönlichen und fesselnden Abend in der Kirche, an dem die Zeit kurze Momente lang im besten Sinne stillzustehen schien. Es war vielleicht der schönste, weil unaufgregteste und stimmigste der bisherigen Festspieltage.
*Die Autorin dieses Beitrags ist Pressereferentin der Dresdner Musikfestspiele, der Artikel entstand dennoch (so wie alle auf dieser Seite) unentgeltlich und unabhängig von dieser Aufgabe.