Künstlerin Ella Goerner malt digitale Bilder und betrachtet unsere Wahrnehmung von Natürlichkeit
Große Blumen, Mineralien, abstrakte Farbschnörkel in einem Raum, in Ella Goerners Bildern dreht die Phantasie auf farbigen Schienen Loopings. Die digitalen Malereien der 27-jährigen Künstlerin ziehen mit ihrer hellen, positiven Grundstimmung sofort die Blicke der Betrachter auf sich und lassen in ihrer collagenhaften Gegenständlichkeit die Gedanken kreisen. Hell und lichtdurchflutet sind die Räume in ihren Bildern, perfekt, fast zu perfekt. Und genau das ist gewollt. Denn die Frage „Was ist natürlich?“ ist ein elementares Thema in Ella Goerners Werken. „Ich bin in der Sächsischen Schweiz aufgewachsen und hatte als Kind schon einen großen Bezug zur Natur. In der Kunst habe ich mich daher immer schon mit Ökologie beschäftigt, war auf der Suche nach einer Natürlichkeit, die mir nicht fremd ist – ich spiele seither immer wieder gern mit der Frage, wo Natürlichkeit in unserer Gesellschaft anfängt und ab wann sie vielleicht schon künstlich wirkt“, erzählt die Künstlerin.
Abschlussarbeit Beschäftigt sich mit digitaler Manipulation
Schon früh war für sie klar, dass die Kunst kein bloßes Hobby bleiben soll. Bereits in ihrer Jugend hat Ella Goerner viel gemalt und gezeichnet, besuchte mit 16 Jahren die Abendschule, um sich auf die Aufnahmeprüfung an der Hochschule vorzubereiten. Seit 2007 studiert sie Bildende Kunst bei Professor Eberhard Bosslet an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste – in der diesjährigen Diplomausstellung ist hier auch ihre Abschlussarbeit zu sehen. Sie besteht aus fünf Bildern und einer Installation, in denen die Verbindung von Kunst und Natürlichkeit ebenfalls eine Rolle spielen: „Mein Thema ist die Beeinflussung der Kunst durch digitale Optimierung, wie zum Beispiel Photoshop. Ausgangspunkt sind mehrere Fotos, die ich in einem malerischen Prozess am Computer collagenhaft verfremdet habe. Die Installation ist im Prinzip eine bildhafte Inszenierung dieses Computerraums, also quasi eine Übersetzung der virtuellen Welt in ein anderes Medium, in Formen“, erklärt sie.
Wie würde Photoshop aussehen, wenn man es materialisieren würde? Ist es dann noch virtuell oder vielleicht schon wieder echt? Auch das ist eine Frage nach Natürlichkeit und dem, was man heute dafür halten kann. Die digitalen Malereien und deren Inszenierung als Installation haben sich für Ella Goerner als das ideale Ausdrucksmittel herauskristallisiert. Dazu gefunden hat sie auch dank eines Auslandsaufenthaltes, der sie erst nach Indien und später nach New York führte. „Nach dem Vordiplom bin ich für eineinhalb Jahre nach Indien gegangen und habe dort fast wie ein Mönch gelebt und die Meditation studiert, ganz intensiv“, erzählt sie. Es sei vor allem die Schule der Wahrnehmung gewesen, die sie daran interessiert hat. „Das ist etwas, was man an der Kunsthochschule so nicht lernen kann, da geht es eher ums Bilden“, sagt Ella Goerner. So war die Zeit ein Indien für sie ein bewusster Bruch, der jedoch keines Wegs dazu geführt habe, dass sie jetzt spirituelle Arbeiten anfertige. „Im Tempel habe ich meditiert und fast nur geschwiegen, man ist dort ganz auf sich konzentriert. Das ist ein absoluter Kontrast zu dem, wie man sich als Künstler verhält.“
Digitale Malerei als ideale Ausdrucksform
Die anschließende Zeit in New York sei nötig gewesen, um wieder im normalen Leben anzukommen. Eine Art Transit, wiederum ein Kontrastprogramm. Nach einer kurzen Zeit in Berlin setzte Ella Goerner ihr Studium in Dresden schließlich fort. Ein Abbruch sei niemals ihr Anliegen gewesen. Im Gegenteil: Gefestigter und zielsicherer fühlt sie sich seitdem. Das gilt auch für ihre Kunst. „Ich habe vorher viel mit Malerei und Zeichnung gearbeitet, jetzt empfinde ich die digitale Malerei als bessere Ausdrucksform. Am Computer kann ich die Objekte hin- und zurückschieben, noch nachträglich ändern und überarbeiten. Ich bin nicht mehr von Materialien abhängig, der Computer macht die Arbeit auch flexibler“, sagt sie. Zudem habe Fernsehen und Computertechnik die Wahrnehmung der Menschen verändert, daher erscheint ihr die digitale Malerei zeitgemäßer als Ausdrucksform.
Diplomausstellung startet am 15. Juli
Die diesjährige Diplomausstellung ist kein Abschluss für Ella Goerner, sondern wohl vielmehr erst der Anfang. „Mein Ziel ist viel klarer geworden“, sagt sie. Als freie Künstlerin arbeite sie jetzt schon fleißig an ihrer Karriere – und will nun neben dem Meisterschülerstudium Kontakte knüpfen, ihre Werke bei Ausstellungen zeigen. Einige renommierte Adressen hat sie schon jetzt im Portfolio stehen, so waren ihre Bilder und Installationen bereits bei der Miami Art Basel (2014) in den USA, in der Good Work Gallery in New York City (2015) und bei #WEC – The Whole Earth Catalyst in Berlin (2015) zu sehen, unter anderem. „Wenn der Diplomstress vorbei ist, kann ich mich wieder mehr auf solche Ausstellungen konzentrieren“, sagt Ella Goerner lachend. Jetzt wird aber erst einmal gefeiert – und auf die Dresdner Ausstellung geschaut. Die eröffnet am 15. Juli, 19 Uhr im Oktogon am Georg-Treu-Platz. Zu sehen sind die Abschlussarbeiten hier bis 4. September, jeweils Die. bis So. 11-18 Uhr.