Oft tot geglaubt, doch immer besser: die OSTRALE feiert ihre 10. Ausgabe
Sie ist aus dem Kulturkalender der Stadt Dresden nicht mehr wegzudenken: Die OSTRALE bringt seit zehn Jahren moderne Kunst mit internationalem Anspruch nach Dresden. Immer im Sommer verwandelt sie die charmante Industriebautenatmosphäre der alten Erlwein-Futterställe im Ostragehege in eine bunte Ausstellungslandschaft, verleiht dem schäbigen Charme dieser Räume kreatives Leben und tritt so auch mutig in die riesigen Fußstapfen renommierter Vorbilder in aller Welt.
Ja, tatsächlich, bei aller Kritik und allen Unkenrufen der vergangenen Jahre muss man heute den unermüdlichen Idealismus OSTRALE-Erfinder loben, die hier mit viel Durchhaltevermögen einen atmosphärischen Kulturraum für die Stadt Dresden geschaffen haben.
Ein Rundgang durch die rund 20.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche macht in diesem Jahrgang jedenfalls so viel Spaß wie noch nie. Die 200 beteiligten Künstler aus 42 Nationen zeigen in vielseitigen Werkpräsentationen – etwa 1000 sind es an der Zahl – unterschiedliche Sichtweisen auf unsere Welt, wecken Neugier beim Betrachter, laden zum Innehalten, Beobachten und Philosophieren ein. So muss das sein: Moderne Kunst, die Freude am Entdecken bereitet, ausgewogen zwischen Depression, Witz und Optimismus.
Das Motto der diesjährigen OSTRALE heißt „error:x“, es verweist aber nicht nur auf Fehler in einer computergesteuerten Welt, sondern vereint sämtliche Fehler im System im angefügten Kreuzchen.
Die Themen der Künstler drehen sich um Medienkrise, Umwelt, Natur und Gesellschaft. Entartete Bäume sind ebenso Gegenstand der Werke wie die Vielzahl der Meinungen, die uns durch digitale Netzwerke einer scheinbar grenzenlos globalisierten Welt begegnen.
Das Motto „error:x“ könnte so auch schlicht für „nichts ist mehr sicher“ stehen. Alles muss hinterfragt werden, das gilt für Bilder auf afghanischen Kriegsteppichen ebenso wie für scheinbar harmlose Pflanzenmosaike, welche sich jedoch bei genauem Hinsehen aus den Portraits von 500 Massenmördern zusammensetzen.
Besonders reizvoll wird die Ausstellung zudem durch Austauschprojekte wie „OSTRALE weht ODER“ mit der Kulturhauptstadt Wroclaw, Dresdens Partnerstadt, bei der Kunstwerke von dort hier und von hier dort zu sehen sind – weil Kunst eben nie im stillen Kämmerlein, sondern im Austausch mit der (Um-)Welt stattfindet. Auch die Browar Mieszczanski Wroclaw ist ein Industrie-historischer Ort, der als Pendant zum Dresdner Erlwein-Ensemble in Breslau ein besonderes Kunsterlebnis ermöglicht.
So ist die OSTRALE als internationale Ausstellung für zeitgenössische Künste 2007 klein gestartet und wurde im barocken Dresden zunächst von vielen belächelt, hat sich mittlerweile aber weit über die Grenzen der Stadt einen Namen gemacht, ja zu einer kreativen Institution in Dresden gemausert. Inzwischen haben das auch Stadt und Freistaat verstanden und die Ausstellung mit Fördermitteln ausgestattet. Zu Recht! Schließlich hat der Dresdner Stadtrat kürzlich noch für eine Bewerbung als Kulturhauptstadt gestimmt. Ein Vorhaben, das nicht nur barocke Historie, sondern auch moderne kulturelle Entwicklungen als Argumente benötigt.
Die OSTRALE jedoch warnt schon erneut: Die diesjährige Ausstellung könnte die letzte am etablierten Standort im Ostragehege sein. Denn die Bausicherheit des Geländes sei für weitere Ausstellungen nicht gewährleistet, wenn es nicht bald saniert würde. Die Stadt Dresden jedoch stellt dafür keine Mittel bereit. Statt dessen seien andere Standorte für die OSTRALE denkbar – natürlich auch außerhalb Dresdens.
Doch eines haben die OSTRALE-Macher seit 2007 zweifelsohne gelernt: Klappern gehört zum Handwerk wie Warnen zur Kunst. Sie fordern nun die Dresdner und Besucher zum Protest. Wer die OSTRALE in den Futterställen halten möchte, sollte dies formulieren und an die Mailadresse: rettung@ostrale.de senden. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
OSTRALE Dresden bis 25. September, geöffnet Die. bis Do. 10 bis 20 Uhr und Fr. bis So. 11 bis 20 Uhr, Eintritt 14 Euro, ermäßigt 9 Euro
2 Kommentare
Deine Fotos machen lust auf mehr 🙂 Ich war einmal bei der Ostrale und fand den Ort toll, aber die Ausstellung sehr klein. Es war spannend, alles zu erkunden, aber.. mir fehlte was.
Danke für den guten Artikel! Die Ausstellung ist wirklich sehr sehr sehenswert und mit sovielen internationalen Positionen ein Stück weite Welt in Dresden. Die OSTRALE an diesem Ort muss bleiben. Dresden würde sehr viel verlieren. Schade dass die OSTRALE deutschlandweit und international in der Szene mehr geschätzt wird als vor Ort selber.
Als dort ausstellende Künstlerin kann ich das Engagement des Teams um Andrea Hilger nur loben, ohne das Herzblut vieler Leute wäre so eine Ausstellung mit so geringem Budget niemals möglich! Der Umgang mit den Künstlern, Ihren Arbeiten, die Kommunikation und der Transport, das sucht seinesgleichen im Kunstbetrieb!