Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker bei den Dresdner Musikfestspielen
In Berlin sind sie eine Institution, in Dresden wurden sie am Sonntagvormittag (29.5.) vom Publikum begeistert bejubelt: Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker (Foto:Oliver Killig) waren nach 2003 erstmals wieder bei den Dresdner Musikfestspielen* zu Gast und sorgten in der Semperoper für einen lauschigen Start in einen heißen Sommertag.
Den gediegenen Auftakt für das Konzert bot mit Julius Klengels „Hymnus“ op. 57 für 12 Violoncelli ein vielsagendes Stück, das 1920 als Geburtstagsgeschenk an den damals 65-jährigen Dirigenten Arthur Nikisch entstand, nach dessen Tod zwei Jahre später jedoch bald in Vergessenheit geriet. Erst ein Produzent des ORF kramte den Hymnus 1972 hervor und überredete die Cellogruppe der Berliner Philharmoniker, das Stück einzuspielen – was gleichzeitig die Geburtsstunde der 12 Cellisten markierte. Aus dem Experiment von damals ist bekanntlich ein berühmtes Ensemble geworden, das heute weltweit gastiert und in der Semperoper mit Werken von Komponisten wie Boris Blacher bis Astor Piazzolla auf eine ebenso spannende wie musikalisch erfrischende Entdeckungsreise durch die facettenreiche Welt des Celloklangs führte. Und nicht zufällig kreuzten sich dabei immer wieder die Wege von Komponisten und Arrangeuren, die wie Klengel eng mit der Geschichte des Ensembles verbunden sind.
Das Originalrepertoire für eine zwölfköpfige Celloformation ist naturgemäß begrenzt, doch schon kurz nach der Gründung des Ensembles bescherte ihnen die zufällige Begegnung mit der Tochter von Boris Blacher im verregneten Berlin die erste Auftragskomposition. Boris Blachers dreiteilige Tanzsuite „Blues, Espagnola und Rumba“ deutete bereits die Vielseitigkeit und Formationsfreude der 12 Celli an, die anschließend mit den Arrangements von Wilhelm Kaiser-Lindemann Tempo und Leidenschaft allmählich steigerten, wenn sie Spirituals wie „Deep River“, „Let My People Go“ oder „Nobody Knows the Trouble“ im warmen Celloton grooven ließen und mit „Caravan“ von Juan Tizol und Duke Ellington spielend leicht Genregrenzen überquerten.
Nach der Pause loderte die melancholische Grundstimmung der 12 Celli dann mit argentinischen Feuer, denn seit Kurzem haben die Musiker auch ihre Liebe zum Tango entdeckt. Und wer eignet sich da besser, als der König des „Tango Nuevo“, Astor Piazzolla? Arrangiert vom Schweizer Cellisten David Riniker verliehen sie insgesamt sechs Stücken Piazollas an diesem Vormittag inspirierende Lebendigkeit und Frische. Im bewährten Halbrund platziert, erzählten die 12 Cellisten musikalisch so auch ihre Ensemblegeschichte und begeisterten das Publikum bis zur letzten Zugabe mit Spielfreude, Wandlungsfähigkeit und spritzigen Interpretationen.
*Die Autorin dieses Beitrags ist Pressereferentin der Dresdner Musikfestspiele, der Artikel entstand jedoch unentgeltlich und unabhängig von dieser Aufgabe.