Wie Bill Murray nach Dresden kam – Oder: die Geschichte einer besonderen Freundschaft über den Wolken
Diese Geschichte ist einfach zu schön, als dass sie hier nicht nochmal erzählt werden müsste. Denn wie so oft schreiben der Zufall und das Leben eben einfach die besten Storys – und so muss denn wohl auch das Kennenlernen von Jan Vogler, dem Intendanten der Dresdner Musikfestspiele, und Hollywoodstar Bill Murray schicksalhaft gewesen sein. Im Flugzeug sind sich die beiden zum ersten Mal begegnet oder besser noch im Transitraum am Flughafen Berlin-Tegel, wo das Cello von Jan Vogler für Aufsehen beim Schauspieler sorgte.
„Er witzelte schon die ganze Zeit hinter mir in der Reihe, ob mein Cello denn überhaupt in die Gepäckablage passe – und ich war vor dem Abflug gar nicht auf eine langes Gespräch aus, antwortete anfangs nur einsilbig, dass es einen eigenen Sitzplatz bekommt“, erzählt Jan Vogler.
Hätte er in dem Moment schon realisiert, mit wem er es zu tun hat, dann wäre sicher schnell eine angeregte Unterhaltung daraus geworden. Doch so oblag es einer Passagierin, die unter Kopfschmerzen und Flugangst litt, die beiden Männer zusammenzubringen. „Ich hatte ein Medikament in meiner Tasche und bat Bill, kurz auf mein Cello acht zu geben. Er sah so vertrauenswürdig aus“, berichtet Jan Vogler heute mit einem vielsagenden Lächeln. Erst als er dann später im Flugzeug neben Bill Murray saß, fiel bei ihm schließlich der Groschen: Der freundliche Herr mit dem trockenen Humor ist bekannt aus Filmklassikern wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“, „Lost in Translation“ und „Ghostbusters“.
So wurde der Flug von Berlin nach New York zu einem ersten gemeinsamen Projekt, bei dem zunächst die junge Dame mit Flugangst im Mittelpunkt stand. „Wir versuchten sie die ganze Zeit zu beruhigen, bestellten Eiscreme und lenkten sie ab“, berichtet Vogler. Noch vor der Landung tauschten Bill Murray und er die Handynummern. Aus einer flüchtigen Begegnung wurde der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Ein Wiedersehen gab es in New York und 2013 bei den Musikfestspielen in Dresden. Jan Vogler lud seinen Freund damals zur Eröffnung seines Festivals mit den New Yorker Philharmonikern in die Gläserne Manufaktur ein, weil Bill Murray gerade zu Dreharbeiten in der Nähe weilte. Zum ersten Mal ging Bill Murray also auf Tuchfühlung mit den Dresdner Musikfestspielen, hörte Jan Voglers Bachsuiten auf dem Weg im Auto – und spätestens jetzt hört sich die Geschichte tatsächlich wie eine filmreife Hollywoodstory an: Denn 2015 bekam Jan Vogler von Bill Murray plötzlich eine SMS: „Meet me at Brooklyn Bridge, Manhattan side, 5 p.m“. Tatsächlich war der viel reisende Cellist zu dem Zeitpunkt in New York und machte sich auf den Weg, nahm am selben Nachmittag mit Bill Murray am Poetry Walk über die Brooklyn Bridge teil – und ist heute überzeugt davon, dass dort auch die Idee zu dem gemeinsamen Projekt entstanden sein muss. „Die amerikanische Literatur und die Musik, Bill Murray hat diese Idee irgendwie bei mir eingepflanzt“, sagt er.
Bald waren auch Jan Voglers Frau, Geigerin Mira Wang und die befreundete Pianistin Vanessa Perez mit im Boot für ein Projekt, das unter dem Titel „Bill Murray, Jan Vogler and Friends“ ins Programm der 40. Dresdner Musikfestspiele 2017 Einzug hielt. Nur soviel stand fest: Es geht um Literatur und um Musik, Bill Murray singt und liest, während Vogler, Wang und Perez ihn auf ihren Instrumenten begleiten. Eine erste Voraufführung gab es im vergangenen November in Berlin sowie in New York, beide nicht öffentlich, aber mit begeistertem, ja gerührtem Publikum. Seither ist die Idee gereift und gewachsen, hat sich als privates Projekt der vier stetig weiter entwickelt.
„Wir wollen den Spaß daran nicht verlieren“, sagt Jan Vogler und lobt Bill Murray für sein musikalisches Allround-Wissen. „Er kennt fast alle Songs aus Pop und Rock, da wo ich als klassischer Musiker oft passen muss“, gesteht er. Zusammen mit den zwei Frauen haben der amerikanische Schauspieler und der deutsche Cellist ihre Show nächtelang im Haus von Bill Murray in New York geprobt. Ein absolutes Herzblutprojekt für alle Beteiligten. Bereits im April haben die vier eine gemeinsame CD in New York eingespielt. „New Worlds“ ist der Titel, erscheinen soll sie im August dieses Jahres.
Zuvor darf sich das deutsche Publikum auf die (Welt-)Premiere des gemeinsamen Programms am 4. Juni in Dresden sowie auf die Voraufführung an 2. Juni in Wolfsburg freuen. Es folgen Auftritte in Elmau sowie eine Tournee in den USA. Nicht zu viel, schließlich geht es ja um Freundschaft, auch die von Menschen aus verschiedenen Welten, die wie die von Bill Murray, Jan Vogler, Mira Wang und Vanessa Perez ganz neue Horizonte eröffnen können. Manchmal sogar über den Wolken.
*Die Autorin dieses Beitrags ist Pressereferentin der Dresdner Musikfestspiele, der Artikel entstand jedoch unentgeltlich und unabhängig von dieser Aufgabe.
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