Ein Rundgang über die OSTRALE-Biennale 2017 macht Lust auf Entdeckungen
Je schwieriger die Weltlage, desto besser die Kunst. Was dieser Spruch vielleicht ein wenig platt umschreibt, wird auf der OSTRALE in Dresden deutlich sichtbar. Die 11. Ausstellung für zeitgenösse Kunst steht unter dem Motto „re-form“ und ist eine der stärksten der vergangenen Jahre. Wer noch nicht da war, sollte sich die Ostrale also bis 1. Oktober unbedingt ansehen – und das nicht nur weil sie ab sofort als „OSTRALE-Biennale“ nur noch alle zwei Jahre stattfinden wird.
Auf vielfältige Weise treten die Werke von Künstlern aus 25 Nationen in Dialog mit dem Betrachter. Sei es, indem man über einen rotierenden Einkaufswagen stolpert oder in eine aus Pappkartons gebaute Höhle. Konsumkritik ist eines der großen Themen dieses Jahres, meist verbunden mit dem Aufruf zur Nachhaltigkeit. Das wird schon zu Beginn deutlich, wo Thomas Kretzschel mit „aqua alta(r)“ Bilder von Venedig in Wasser taucht. Doch nicht allein die Kunst, auch die Literatur hat auf der Ostrale ihren Platz gefunden.
Dem Besucher eröffnet sich in allen Räumen eine literarisch begleitete Tour, mit sinnigen Zitaten aus Weltliteraturklassikern, die zum Nachdenken und Verweilen einladen. Ja, hier und da dürften diese Buchinseln sogar dazu animieren, endlich wieder große Literatur zu lesen. Auch das ist in gewissem Sinne „re-form“ unserer digitalisierten Welt, die gemeinhin auf Kurznachrichten im 140-Zeichenstil reduziert bleibt.
In anderen Werken steht die Welt Kopf, sind Kirchen- und Religionskritik die oft harsch formulierten Themen. Manchmal springen einen die Kunstwerke direkt an, woanders heißt es, genau hinzusehen, Details zu entdecken. Fast immer jedoch wirken die Werke unmittelbar, regen zum Verweilen und Diskutieren an. Eine Qualität, die längst nicht jede Ausstellung in ähnlicher Intensität bietet wie die Ostrale 2017.
Diese könnte auch über den 1. Oktober hinaus in der Stadt nachwirken. Fordert etwa das Projekt „Mauerspringer“ direkt zum Mitmachen auf. Der Besucher darf von einem persönlichen Freiheitsmoment berichten, sich einen Mauerspringer schnappen und ihn an einem Ort seiner freien Wahl fotografieren, um in den Sozialen Netzwerken zu zeigen, was Freiheit ist. Ein schönes Denk- und Mitmachspiel, das Freude weckt auf die Ergebnisse.
Am Ende des Rundgangs kommt nun erstmals nach 11 Jahren ein wenig Wehmut auf, wenn man daran denkt, dass sich die OSTRALE längst zur sommerlichen Pilgerstätte in Dresden entwickelt hat. Sie wird daher nicht nur den Mauerspringern in guter Erinnerung bleiben, bis sie 2019 nach Sanierungsarbeiten in den Erlwein-Futterställen ins Ostragehege zurückkehrt.
OSTRALE-Biennale, 11. internationale Ausstellung für Kunst, bis 1. Oktober 2017 geöffnet