Die Theatergruppe Bühnamit inszeniert Shakespeares „Cäsar“ – ein Interview
Die freie Theatergruppe Bühnamit sucht und findet in William Shakespeares „Cäsar“ viel Stoff, der auch aktuelle gesellschaftliche Debatten spiegelt. Das Regieteam heißt Max und Moritz – und das ist kein Witz! Max Merker und Moritz Greifzu erzählen im Interview, wie sie auf „Cäsar“ kamen und was den alten Schinken so spannend macht.
Bei Bühnamit steht dieses Mal „Cäsar“ von William Shakespeare auf dem Programm. Warum gerade dieses Stück?
Die Gruppe stellt jede Saison mehrere Stücke vor und die Mehrheit legt dann fest, was gespielt wird. Dieses Jahr kristallisierte sich recht schnell der „Cäsar“ als Favorit heraus. Shakespeare hatten wir noch nicht und ein paar der Szenen haben uns von Anfang an gefesselt. Das Grundthema dieses Stückes war dabei das Wesentliche: Eine große Führungsfigur, vielleicht ein Populist, wird ermordet. Der Protagonist der Verschwörung ist hierbei einer, der sagt, dass er zum Wohle der Demokratie handelt.
Wäre „Romeo und Julia“ oder „Hamlet“ nicht publikumswirksamer? Das will doch immer jeder sehen …
Was eventuell jeder sehen möchte, ist uns eigentlich egal, denn bei solchen megabekannten Stücken gibt’s nur zwei Möglichkeiten: Entweder Du erfüllst die Erwartungen des Publikums nicht. Nicht gut für dich. Oder Du machst eine Inszenierung, die alles bis dahin Gesehene in den Schatten stellt und danach traut sich das Schauspielhaus nicht mehr, es zu spielen. Mit denen wollen wir auch keinen Ärger. Wenn wir aber selbst wahnsinnig Lust auf das Stück haben, kommt garantiert was Starkes dabei raus. Wir sind nur so gut, wie wir motiviert sind.
Wie inszeniert ihr so einen historischen Stoff?
Vor jeder Inszenierung sagen wir uns: Wir nehmen uns ein geiles Stück, um nicht so viel Arbeit beim Ändern zu haben. Das jedenfalls ist mal wieder gründlich nach hinten losgegangen … Also wir haben es geschätzt erst einmal um die Hälfte gekürzt. Am Ende des Stücks gibt’s Schlachtenszenen mit Figuren, die nie zuvor auftreten und einen Haufen sinnloser Selbstmorde. Das hat uns nicht sehr interessiert. Dafür gibt’s einen niegelnagelneuen ersten Akt, der Cäsar selbst etwas mehr beleuchtet, der spielt im eigentlichen Stück nämlich gar keine so große Rolle. Zusammengefasst: Cäsar und die Verschwörer – anfangs eine schlagkräftige, eingeschworene Truppe, Cäsar steigt der Ruhm zu Kopf, sie murksen ihn ab, danach der große Kater.
Was hat „Cäsar“ im Laufe der Arbeit mit euch gemacht? Was habt ihr gelernt bzw. was nehmt ihr mit aus der Beschäftigung mit dem Stück?
Puh. Das wird vom Umfang wohl kaum hierher passen. Also wir haben dadurch ausführliche Debatten über die derzeitige politische Großwetterlage geführt. Trump, Putin, Orban, AfD, Pegida, etc. etc. und auch die gesamte Reaktion der linksliberalen Seite. Wir haben ein bisschen im alten Plutarch geblättert, das ist sonst auch nicht unsere Alltagslektüre, aber liest sich sehr schön, weil er auch viele Anekdoten aus dem Leben Cäsars beschreibt. Und dabei fällt schon stark auf, dass Shakespeare nicht viel Neues gemacht, sondern die Story einfach gereimt hat. Oh, und noch was: Wir empfehlen jedem, mal eine Rede von Obama und Idi Amin nebeneinander zu legen. Das ist superspannend.
Was meint ihr: Wenn Shakespeare heute leben würde, wem würde er anstelle von Cäsar in seinem Stück in den Mittelpunkt stellen?
Wir haben vorhin wohl schon ein paar der Kandidaten genannt, die der Frage entgegenkommen. Wladimir Putin fällt einem vielleicht noch als erstes ein. An seiner Schlitzohrigkeit, seinem Demokratieverständnis und seiner Beliebtheit bei den Russen scheiden sich vielleicht die Geister genauso wie einst an Cäsar. Hat aber weniger Gallier und Germanen auf dem Gewissen. Spannender sind vielleicht zwei andere Figuren: Brutus trägt den moralischen Konflikt aus seinen Freund zum Wohle der Republik umzubringen. Das Volk ist im Originalstück ein ziemlich williges Demagogen-Opfer. Da wäre Shakespeares Sicht auf das Hier und Jetzt auch sehr spannend.
Zum Schluss, vervollständigt bitte folgenden Satz: Theater ist für uns …
… etwas, was man am besten mit Freunden und mit Freude macht.
Bühnamit spielt Shakespeares „Cäsar“: Premiere am 28. April, 20 Uhr im Theaterhaus Rudi, weitere Termine: 29.4.; 19 Uhr, Rudi; 30.4., 20 Uhr Cammerspiele Leipzig; 31.5., 20 Uhr, 1.6., 20 Uhr und 2.6., 20 Uhr Projekttheater Dresden