Eine Ausstellung auf Schloss Weesenstein widmet sich seiner Zeit als Kunstdepot im Zweiten Weltkrieg
Raffaels „Sixtinische Madonna“ gilt als das berühmteste Exponat der Dresdner Gemäldegalerie. Doch würde die Madonna heute nicht da hängen, hätte man sie und Millionen andere Kunstschätze im Zweiten Weltkrieg nicht rechtzeitig ausgelagert. Eine Ausstellung auf Schloss Weesenstein zeigt noch bis zum 7. Oktober, wie die Dresdner Kulturgüter vor dem Angriff am 13. Februar 1945 gerettet wurden.
Unter dem Titel „Bombensicher! Kunstversteck Weesenstein 1945“ folgt man quer durch alle Schlossetagen den Spuren einer Zeit, die heute unvorstellbar scheint. In einfache Holzkisten verpackt wurden Gemälde, Bücher, Exponate aus dem Mathematisch Physikalischen Salon und wertvolle Verzeichnisse zum Teil bereits 1942/43 aus den Museen geräumt und in Verstecke vor den Toren von Dresden gebracht. Neben der „Sixtinischen Madonna“ gehört auch der „Maya Codex“ aus der Landesbibliothek zu den weltberühmten Exponaten, die auf Weesenstein lagerten.
Das Schloss im Müglitztal war aufgrund seiner dicken Steinwände und der ruhigen, bis Kriegsende nahezu friedlichen Lage, eines der Hauptdepots von rund 100 Auslagerungsorten in Sachsen. Auch auf der Festung Königstein und der Albrechtsburg Meißen lagerten sächsische Kunst- und Kulturgüter sprichwörtlich bombensicher. Umfangreiche Register geben Auskunft, wie die Schätze einst verschiedenen Depots zugeordnet und dorthin verladen wurden. Allein 1942 rollten 30 Möbelwagen der Deutschen Werkstätten Hellerau mit Tausenden Exponaten aus dem Kupferstichkabinett, den Alten und Neuen Meistern, der Landesbibliothek sowie den Naturhistorischen Sammlungen auf dem Schlosshof an.
Eine Ausstellung, die individuelle Geschichten erzählt
Doch die von Dr. Birgit Finger kuratierte Ausstellung auf Weesenstein liefert weit mehr als nur harte Fakten über das Schicksal sächsischer Kunstwerke in der Weltkriegszeit. Sie erzählt Geschichten von etwa 30 Menschen, darunter auch Museumsmitarbeiter und Wärter, die in den Kriegsjahren auf Schloss Weesenstein wohnten und dort zu Geheimnishütern worden, spürt den Wegen der Kunstwerke nach und eröffnet so manche Überraschung am Rande.
Dresdner Weinhändler lagerte 200.000 Flaschen im Schloss
So diente das Schloss nicht nur als Kunstdepot, sondern beherbergte auch andere wertvolle Schätze im Krieg: Der Dresdner Weinhändler Weißenborn lagerte 200.000 Flaschen Wein auf der alten Burg und die Bewohner dachten gar nicht daran, diese in die Müglitz zu kippen, als die russischen Besatzer einmarschierten. Es sollen lustige Abende gewesen sein. Auch wurde das Schloss für die Lagerung der Kunstschätze aufwendig umgebaut. In die Säle mussten feuerfeste Fußböden eingezogen, Heizöfen installiert sowie Zisternen und eine Wasserleitung gebaut werden.
Ein bisschen was von der Lageratmosphäre, die damals auf Weesenstein herrschte, wird mit der Ausstellung wieder lebendig. In fast allen Räumen erinnern die großen Kisten an die Zeit als das Schloss sich in ein geheimes Kunstdepot verwandelte. Erst die russischen Besatzer machten dem ein Ende und brachten schätzungsweise 2,5 Millionen Kunstwerke aus Sachsen zunächst nach Pillnitz, dann nach Russland, darunter auch die „Sixtinische Madonna“, die mehrfach umgelagert wurde und zum Schluss im Cottaer Tunnel bei Pirna versteckt lag.
Glücksfall im Treppenhaus
Obwohl Russland in den 1950er Jahren einen Großteil der Exponate wieder zurückgibt, gelten etwa die meisten Objekte des Mathematisch-Physikalischen Salons, die in Weesenstein lagerten, bis heute als vermisst. Die berühmte Planetenlaufuhr hat Glück gehabt: Sie war zu schwer und blieb zunächst im Treppenhaus stehen, sodass man sie mit einer provisorischen Kiste tarnen und retten konnte!
„Bombensicher! Kunstversteck Weesenstein 1945“ auf Schloss Weesenstein, 24. März bis 7. Oktober 2018