Die alte Bienertmühle wird mit Theater, Musik und Kunst seit August zur Kulturkulisse
Fernab der großen kulturellen Ballungszentren in Dresdens Alt- und Neustadt hat sich die Bienertmühle im Stadtteil Plauen seit August zu einem Kleinod der Kleinkunst gemausert. Das lauschige Antiquariatsgeschäft mit dem hübschen Namen „Blickzurück“ wird hier mit Vorträgen, Konzerten, Theaterabenden und Vernissagen seither zur vielseitig bespielten „Kulturkulisse“. Dass es sich dabei um mehr als nur ein cleveres Marketingkonzept von Restaurator und Ladenchef Steve Schneider, sondern um gute, liebevoll inszenierte Kunst mit großem Potenzial handelt, zeigt schon die Premiere, die hier zur herbstlichen Spielzeiteröffnung auf dem Programm steht.
Der Schauspieler und Regisseur Andreas Pannach hat tief in den Regalen moderner Theaterlitertur gekramt und beschert der Kulturkulisse nun mit Katrin Ammons Monodrama „Die letzte Safari“ am 29. September gar die erste Uraufführung in lauschiger Antiquariatsatmosphäre. Für das Solo konnte er mit Helga Werner eine Grand-Dame der Dresdner Theaterwelt gewinnen, die nicht nur vom Theater unterm Ladendach, sondern auch von der Geschichte dieses Stückes sofort begeistert war.
Erzählt es doch von der dänischen Literatin Karin Blixen, besser bekannt als Hauptfigur in dem Film „Jenseits von Afrika“. Das Stück jedoch zeigt anders als dieser eine monologische Innensicht der Schriftstellerin, die sich hier gediegen am Schreibtisch mit historischer Schreibmaschine ihrer Zeit und großen Liebe in Afrika erinnert. Die Proben laufen seit dem Sommer. Nicht alles sei leicht auf der Bühne umzusetzen gewesen, als Dramaturgin stand daher Karla Kochta mit Rat und Tat zur Seite, das Bühnenbild stammt von Marlit Mosler. Dass die Requisiten ebenso wie die 50 Stühle, auf denen das Publikum unterm Ladendach hernach Platz nehmen darf, zum Ladenequipment gehören, ist nur eine von vielen kleinen, netten Randgeschichten, die der Besuch der Kulturkulisse bereithält.
Das gesamte Projekt ist einer glücklichen Fügung zu verdanken. Denn Andreas Pannach und Steve Schneider begegneten sich just, als Schneider nach einer kulturellen Bespielung für sein Geschäft und Pannach einen Raum für feine Theaterinszenierungen suchte. Freundschaftlich und unkompliziert sei die Zusammenarbeit seither. „Das Schöne ist, wir müssen nicht lange Anträge stellen, sondern wir machen einfach“, sagt Pannach am Rande einer Probe. Dies spiegelt sich auch in der Kooperation mit dem Gymnasium Plauen wider, das flugs nicht nur zwei Lampen aus der Aula, sondern dazu zwei junge Beleuchter für das kleine Theaterprojekt „auslieh“.
Die Kulturkulisse ist damit auch ein schönes Beispiel dafür, wie verschiedene Akteure eines Stadtteils gemeinsam kreativ ihren Lebensraum (mit-)gestalten können. Die Idee „Orte des Miteinanders“ zu schaffen, die im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung derzeit allerorten aufkeimt, scheint in der Bienertmühle also längst Früchte zu tragen. Nach der Uraufführung ist „Die letzte Safari“ hier noch dreimal zu sehen, mit vier weiteren Vorstellungen wird sie zudem ins Hoftheater Weißig wandern. In der Kulturkulisse indes steht am 10. Oktober schon eine Vernissage von Gerd Künzel & Eberhard Treppe an, einen Tag darauf gibt es romantische Musikhappen vom Celloduo Tolkar und der Sopranistin Andrea Chudak. Andreas Pannach hat zudem sicher noch einige Ideen im Ärmel, um den Stadtteil Plauen zum beliebten Geheimtipp für Kunstkenner gedeihen zu lassen.
Termine: „Die letzte Safari“ von Katrin Ammon, Uraufführung am 29.9., 20 Uhr; weitere Aufführungen am 3., 6. und 21. Oktober in der Kulturkulisse, Bienertmühle, Altplauen 19H