Herbstmusik (2): Clemens Poetzsch spielt Sven Helbig „Redux“
Ein einsames Klavier, ein geheimnisvolles Knistern, sanfte Melancholie. Der Dresdner Pianist Clemens Christian Poetzsch hat sich auf seinem Album „Redux“ mit seinem langjährigen Kollegen Sven Helbig wiedervereint. Die erste Begegnung der beiden in Dresden liegt schon einige Jahre zurück, manche werden sie von gemeinsamen Sessions im Bluenote sicher noch kennen. Nun hat Clemens Christian Poetzsch erstmals Klavierkompositionen von Sven Helbig eingespielt und eine Liveaufnahme dieser Stücke veröffentlicht, die bei einem Konzert mit Sven Helbig entstand.
Dieser Livemoment verleiht der Aufnahme ein spezielles Prickeln, das den Hörer sofort gefangen nimmt und die Intimität der Stücke noch zu verstärken scheint. „A Tear“, „Schlaflied“, „Am Abend“, allein die Titel der einzelnen Kompositionen zeigen, welche einfühlsame Stimmung den Hörer des Albums erwartet. Es ist Musik zum Innehalten, die auch dazu einlädt, die Seltsamkeiten dieser besonderen Zeit unaufgeregt zu reflektieren und sich ganz in sich selbst fallen zu lassen. Doch strömt die Melancholie nicht wie ein reißender Fluss, es sind vielmehr beruhigend fließende Klänge, die aus der Kombination von Klavier und Electronics entstehen.
Kaum jemand vermag Rhythmik und Sehnsucht so fantasievoll zu verbinden, wie Sven Helbig es in seinen Kompositionen tut. Sie sind in der klassischen Musik verwurzelt, die Helbig in Kombination mit elektronischen Klängen in einen neuen Soundkosmos befördert. Hier tritt das Klavier in einen einfühlsamen Dialog mit den Elektro-Sounds. Die unterschiedlichen Klangfarben changieren sachte und malen fesselnde Stimmungsbilder. In „A Tear“ scheint es ein Herzschlag nur, elektronisch, echt, packend. Rhythmisch und doch gefühlvoll. „Gone“ wirkt lebhafter, rauschender als etwa „Am Abend“, bei dem das Klavier dominiert und in einem erdigen Grundton von zarten Träumen erzählt. Bei „Abendglühen“ hingegen ist es ein stilles Brodeln, das in aller Zurückgenommenheit beinahe orchestral in der Kombination aus Klavier und Elektronik entsteht.
Clemens Christian Poetzschs Spiel ist kraftvoll, klar und von einem kernigen Charakter, der sanfte Töne jedoch nie zerstört, sondern ihnen vielmehr einprägsame Individualität verleiht. Eine sichere Vertrautheit schwebt über seinen gemeinsamen Interpretationen mit Sven Helbig, dazu gehört auch, dass sich beide sich stets genug Raum für spontane Einfälle lassen. Die Musik schöpft so scheinbar ganz aus dem Fluss des Moments, der ihr Lebendigkeit und Tiefe verleiht.
Clemens Christian Poetzsch plays Sven Helbig: „Redux“, erschienen am 11. September beim Berliner Label Neue Meister. Das Album ist in der Live-Version nur digital zu erhalten.