Mit „Shatterhand“ weht wieder Wild-West-Atmosphäre über die Felsenbühne
Es ist das ewige Lied: Völker kämpfen gegeneinander, machen sich Territorien streitig und gönnen dem anderen nicht Erfolg noch Macht. Doch wo man an das Gute glaubt, wird es auch siegen. Das wusste schon der alte Karl May, in dessen Geiste auf der Felsenbühne Rathen jetzt „Shatterhand“ (Fotos: René Jungnickel) für Recht und Ordnung sorgt.
Geschrieben hat das rasante Abenteuerstück Holger Kahl, der als Stunt- und Horseman schon auf vielen Freilichtbühnen stand, zudem über 20 Jahre lang auch für die Oybiner Ritterspiele Theaterstücke verfasste. Auf der Felsenbühne nun verwandelt er einen historischen Stoff in eine mitreißende Theatervorstellung: der Krieg zwischen den Apachen und den Comanchen, die im 17. Jahrhundert in Texas gegeneinander kämpften. Ein Konflikt, der auch in Karl Mays Werken vorkommt, weshalb dem Autor hier auch eine eigene Rolle gebührt.
Der Schriftsteller wird zu einer Art Erzähler, angesiedelt im heutigen Radebeul, wo Züge durch den Lößnitzgrund tuckern. An seiner Seite das Zeitungsmädchen Emely (Maria Sommer), das lauthals Schlagzeilen aus Krisengebieten im Wehlgrund verbreitet. Dichtung und Wahrheit, Phantasie und Gegenwart – so nah beieinander wie bei der Buchlektüre.
Und schon ist man zusammen mit Emely mittendrin in einem wilden Kampf der Völker und Mächte, einer Schlacht, die allein dem skrupellosen Geschäftsmann Mr. Coleman (Alexander Wulke) zur Vermehrung seines Geldes nützt. Ein Friedensvertrag wäre daher das Letzte, was dieser gebrauchen kann. Und so braucht es eben tapfere Männer wie Shatterhand und Winnetou, die mit der Kraft der Phantasie zu einem friedlichen Miteinander verhelfen.
In der Regie von Landesbühnen-Intendant Manuel Schöbel erobert das Stück als kurzweiliges Wildwest-Spektakel die Bühne, bei dem es an allen Ecken etwas zu Schauen gibt. Humor und Action kommen hier nicht zu kurz, es wird gekämpft, geschossen, getanzt und am Ende auch geliebt, was das Zeug hält. Als Shatterhand gibt Sascha Gluth den Gentelman mit starker Faust. Gewitzt tritt er zudem als grau melierter Karl May in Erscheinung. „Ich selbst bin Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi und habe all jene Abenteuer und Heldentaten, die in meiner Büchern geschrieben stehen, selbst erlebt„, soll der einst über sein Werk gesagt haben.
Seinem berühmten Winnetou schenkt Michael Berndt-Cananá Charakter und Lebendigkeit. Die Bühne von Ralph Zeger verleiht der Felskulisse die nötige Exotik, die den Zuschauer dank Hufgetrappel und Pferdewiehern vollends in ferne Welten befördert. Die Figuren erwachen dank des enthusiastischen Ensemblespiels auf humorvolle Art zum Leben. An dieser Stelle seien stellvertretend Julia Vincze als beherzte Wirtin, Sandra Maria Huimann als aufgedrehte Klatschreporterin und Maximilian Brendl in der Rolle des tapsigen Fotografen Billy genannt.
Gelungen auch die Einbettung indigener Künstler in die Vorstellung: So gibt Kendall Old Elk, aufgewachsen in einem Reservat der Absarokee Nation in Montana, einen außerordentlich überzeugenden Apachenhäuptling Santana an der Seite von Maria Old Elk als Apachin Talipa. Für packende Klänge sorgt der Musiker Wade Fernandez vom Stamm der Menominee in Wisconsin, der dem Geschehen auf der Bühne zusätzlich Wärme und Atmosphäre verleiht.
So gibt es denn bis zum erlösenden Schlusswort „Frieden, kein Krieg!“ viel zu sehen und zu staunen, auch einiges zu entdecken gar, das im Trubel des Spektakels sacht zwischen den Zeilen schwebt. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind natürlich wie immer rein zufällig. Karl May hätte da gewiss seine diebische Freude dran – und das Publikum hat sie auch!
Info: „Shatterhand“ auf der Felsenbühne Rathen, wieder am 10., 11., 12., 13. und 14. Juli 2024