„Verwandlung/en/“ als Jubiläumsstück an der bühne der TU Dresden
Die bühne – das Theater der TU Dresden feiert in dieser Saison ihre 60. Spielzeit. Sie blickt zurück und in die Zukunft. Zum Jubiläumswochenende versammelten sich die „bühnis“ von damals und heute bereits im Oktober zu einem großen Fest im Weberbau. Teil dieses wilden Auftakts in eine ganz besondere Spielzeit waren auch zwei Premieren (Fotos: PR/Mathias Kammerer), in denen die Geschichte des Studententheaters an Dresdens Universität feierlich mit eingewoben ist.
Rundgang Durch die SLUB zur Langen Nacht der Wissenschaften
Die Lange Nacht der Wissenschaften ist ein Abend für Entdecker. Seit fast elf Jahren wohne ich direkt neben dem Campus der TU Dresden, doch als wir das Gelände 2014 zum ersten Mal nachts erkundeten, konnte ich kaum glauben, was für Technologien sich hier gleich nebenan in den Gebäuden verstecken. Dieses Mal haben wir uns die Sächsische Landes-, Staats- und Universitätsbibliothek – kurz SLUB – vorgenommen.
Artikulations- oder kurz einfach A-Versuche sind in der Regel eher kleine Theaterproduktionen, mit denen die jungen Amateurschauspieler an der bühne, dem Theater der TU Dresden, sich in kurzen, aussagekräftigen Stücken in der Theaterkunst probieren. Die Ergebnisse sind etwa alle viertel Jahre zu sehen, fallen mal gelungen, mal krude oder verwirrend aus – und haben immer ein wenig Geheimtippcharakter in der Dresdner Theaterlandschaft.
Der jüngste A-Versuch mit dem Titel „Echo und Narziss“ (Foto: PR/bühne) jedoch scheint ein besonderes Exemplar seiner Art zu sein. Die griechische Sage um den an unstillbarer Selbstliebe erkrankten Narziss, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt, kommt hier in einer äußerst experimentierfreudigen Inszenierung von Fynn Schmidt und Annemarie Renker auf die Bühne. Immer wieder von einer hinter den Bühnenraum blickenden Videoaufnahme ergänzt, wird die diese mythologische Geschichte von dem zwölfköpfigen Ensemble mit sichtbarer Spielfreude hier in zwei Varianten gezeigt.
Noch bevor es losgeht, verwirren jedoch zwei Helfer das Publikum in der ersten Reihe noch schnell mit der Verteilung von Müllbeuteln. Wozu diese dienen, weiß niemand, auch am Ende dieses Theaterabends ist dieses Rätsel nicht gelöst. Bis dahin allerdings gibt es viel zu sehen, viel zu denken und kaum Platz für Langeweile. Versuch eins wird hier zu einer Art Vorerzählung. Ein Haufen weißgetünchter Menschen, die an blasse, noch zu modischer Schönheit zu formender Fotomodels erinnert, liegt kreuz und quer auf der Bühne – bevor sich daraus ein Chor erhebt, der die Geschichte von Narziss erzählt. Schnitt. Video. Auf der Leinwand schminken sich die Darsteller wieder ab. Musik.
Versuch zwei spielt nun in einer Art kitschigem Lusttempel, in dem Liebesgott Amor Narziss und die Waldnymphe Echo zu vereinen sucht. Hier fliegen nicht nur seine Pfeile, sondern auch Blütenblätter durch die Luft, werden Farben über die Bühne gekleckst, bunte Lampions von der Decke gelassen und die Geschichte von Echo und Narziss huscht zwischen all diesem bunten Pomp als überladenes Schauspiel über die Bühne. Der weiße Ernst des Anfangs wandelt sich jetzt in ein kindliches Treiben, in dem man Echos Tod übertrieben lautstark beweint, bevor sie sich wiederum aus dem Grab erhebt. Die Wandelbarkeit dessen, was die Menschheit als „schön“ bezeichnet, wird so als bitter komische Groteske auf der Bühne simuliert.
Seit langer Zeit schon habe die Truppe, die seit dem Theaterfestival „schnell und schmutzig“ unter dem Namen „Neues aus der Wundertüte“ auftritt, für diese Inszenierung geprobt – alles neben dem Studium versteht sich –, heißt es am Schuss. Aus einer Low-Budget-Produktion haben die Studenten mit pfiffigen Ideen und viel Herzblut eine ebenso beachtliche wie anspruchsvolle Aufführung gezaubert, die ein antikes Stück in moderne Formen verpackt und so für junges Publikum öffnet. Eigentlich schade, wenn diese Mühen nun im Archiv der bühnen A-Versuche verstauben müssten.