„Elling“ an der Comödie Dresden
Elling und Kjell Bjarne sind zwei liebenswerte Existenzen am Rande der Gesellschaft. Nach einem längeren Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik dürfen sie nun endlich zusammen in eine Osloer Wohnung ziehen. Doch der Start in den eigenen vier Wänden ist für die beiden alles andere als einfach. Die Wände schaukeln zunächst noch, fast so wie der Zug, der die beiden nach Oslo bringt. Trotz einer großen Portion Unbeholfenheit im Gepäck sollen Elling und sein Freund Kjell Bjarne nun gemeinsam die Hürden des ganz realen Lebens meistern.
Der norwegische Regisseur Petter Næss brachte „Elling“ vor gut zehn Jahren auf die norwegischen Theaterbühnen und anschließend auf europäische Kinoleinwände. In Deutschland sahen allein 500.000 Zuschauer den Film, der aus der Romanvorlage des Schriftstellers Ingvar Ambjørnsen entstand. Witzig und poetisch zugleich erobert das Stück „Elling – zwei gegen den Rest der Welt“ in der Regie von Swentja Krumscheidt nun auch die Bühne der Dresdner Comödie.
Hier mimen Intendant Christian Kühn und Ex-GZSZ-Star Oli Petszokat das herrlich verrückte Freundespaar. Christian Kühn gibt den liebenswert naiven Elling, wie er ganz nach dem Vorbild seiner verstorbenen Mama plötzlich in die Putzpuschen schlüpft und die gemeinsame Wohnung wienert, als ulkigen, altklugen, aber auch zutiefst vor den Hürden des Alltags verängstigten Sonderling, für den schon ein Telefonanruf zur Herausforderung wird. Daneben wirkt Oli Petszokat als Kjell Bjarne fast wie ein treudoofer Wolf, der „sein halbes Leben hinter sich, aber noch nie gebumst“ hat, und beweist als trottliger Antiheld wahrhaft komödiantisches Talent.
Mit Pudelmützen, Koffer und Werkzeugkiste bewaffnet stehen die beiden unbeholfen in ihrem neuen Zuhause. Stolpernd bewegen sie sich durch die ungewohnte Freiheit, stellen vorsichtshalber ihre Betten wie in der Klinik zusammen, und entdecken so mit behutsamer „forsiktighet“ unter der Aufsicht des Sozialarbeiters Frank (Tobias Schenke) ihr neues Leben. Doch plötzlich werden die zwei Hilfsbedürftigen selbst zu Helfern. Denn Kjell Bjarne bringt eines Abends die sturzbetrunkene schwangere Nachbarin Reidun (Miriam Pielhau) mit – und auch mit Ellings Ruhe ist es fortan aus.
Ulkig und doch tiefsinnig wie das norwegische Original bewegt sich die Dresdner Inszenierung (Foto: PR/Robert Jentzsch) erstaunlich nah an der Filmvorlage und geht dennoch gekonnt ihre eigenen Weg. So versucht Krumscheidt gar nicht erst, Norwegen auf Deutschland zu adaptieren und lässt Radiosender und Lyrikvorträge in Originalsprache laufen. Dazwischen finden sich mit Kittelschürze und Einkaufsnetz ab und an kleine DDR-Reliquien versteckt. Auch der immer wieder auftauchende Roger Whittaker Song, den Elling wie ein beruhigendes Mantra vor sich hinsingt, wenn es für ihn wieder mal brenzlig wird, ist eine Erfindung der Dresdner, die sich gut ins Stück einfügt.
Mit Witz, aber ohne Klamauk und dank einem grandiosen Ensemble, das spürbare Freude am Spiel zeigt, wird diese norwegische Komödie zu einem herzerfrischenden Theaterabend mitten in Dresden.
„Elling“, Comödie Dresden, wieder vom 26.2. bis 3.3. und 16.4. bis 21.4., jeweils 19.30 Uhr