Quo vadis Exzellenzuni TU Dresden?
Alae iacta sunt. – Die Würfel sind gefallen. Die TU Dresden ist seit einer Woche offiziell Exzellenzuniversität. Eine von insgesamt nur elf in Deutschland, die diesen Titel nach jahrelangem Ringen nun zunächst bis 2017 tragen dürfen. Mit kindlichem Strahlen im Gesicht verkündete TU-Rektor Hans Müller-Steinhagen die Entscheidung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Wissenschaftsrates am vergangenen Freitag, dem 15. Juni 2012. Ein historischer Tag für die TU Dresden, die nun für ihre vier exzellenten Forschungsprojekte (die Forschungszentren in der Biomedizin, der Mikro- und Nanoelektronik, die Graduiertenschule für Regenerative Therapien und das die ganze Uni betreffende Zukunftskonzept „Synergetische Universität“) bis 2017 voraussichtlich 140 Millionen Euro von Bund und Land bekommt.
Die Freude war groß und viel ist in der vergangenen Woche schon zu „unserer“ frischgebackenen Exzellenzuni geschrieben worden, die Dresden ganz nebenbei natürlich auch ein strahlendes Image als Wissenschaftsstandort beschert. Und doch bleiben, nachdem die ersten Jubelschreie verklungen sind, viele Fragen.
Selten in ihrer Geschichte hat die Universität wohl so im Fokus gestanden wie in diesen Tagen. Und auch in Zukunft werden sich die Blicke wohl ein wenig häufiger zur TU Dresden richten als vorher. Denn Dresdens Universität ist mit dem Exzellenztitel mehr denn je ins Rampenlicht gerückt. Die Anfragen zukünftiger Studenten sollen sich schon wenige Tage nach Verkündung der frohen Botschaft auffällig erhöht haben. Mehr Studenten als jetzt wird die Uni jedoch auch im neuen Semester nicht aufnehmen können. Der Grund: Die Universität arbeitet seit Jahren am Limit ihrer Möglichkeiten. Dass sie trotzdem im bundesweiten Exzellenzwettbewerb erfolgreich war, ist ein Zeichen besonderer Effizienz, sagte Rektor Müller-Steinhagen am 15. Juni. Es ist aber auch einer gewissen idealistischen Grundeinstellung vieler ihrer Mitarbeiter zu verdanken. Wahrscheinlich ist es auch dieser Idealismus, den Müller-Steinhagen noch am Tag der Entscheidung sympathisch mit dem Begriff des „Dresden Spirit“ umschrieb.
Allein mit Idealismus können und werden die Erwartungen, die nun an Dresdens exzellente Alma Mater gestellt werden, jedoch nicht erfüllt werden. Folgerichtig verkündete die Sächsische Landesregierung noch am Freitag (15.6.), dass sie die geplanten Stellenkürzungen an der TU Dresden (bis 2015 sollen rund 300 Stellen an allen sächsischen Hochschulen gestrichen werden, 95 allein davon an der TU Dresden) aussetzen werde. Das ist sicher ein Zeichen in die richtige Richtung, aber für eine Hochschule, die ab sofort vier exzellente Konzepte realisieren möchte und schon seit Jahren auch ohne Stellenstreichungen im Bundesvergleich unterdurchschnittlich budgetiert ist, lange nicht genug. Etwa 6500 Euro stehen der TU Dresden derzeit im Jahr pro Student zur Verfügung. Das sind pro Student rund 2000 Euro weniger als im deutschen Durchschnitt.
Die Leidtragenden, nicht nur der Sparpolitik, sondern auch im Exzellenzwettbewerb, werden folglich neben den anderen sächsischen Hochschulen die Studierenden sein. Und zwar vornehmlich jene, die nicht an den exzellenten Fakultäten lernen und in deren Studiengängen schleichend Professuren dem Geldmangel zum Opfer fallen. So beklagen beispielsweise die Studierenden der Freien Universität Berlin – diese ist bereits seit 2006 Exzellenzuni –, dass Lehre und Forschung an der Freien Universität seit Erhalt des Exzellenztitels nur umso mehr auf marktfähige Inhalte reduziert und beispielsweise die Geistes- und Sozialwissenschaften zugunsten anwendungsorientierter, meist naturwissenschaftlicher und technischer Fächer abgewertet wurden.
Ähnliches sollte und darf in Dresden nicht passieren. Denn die TU gehörte auch vor dem historischen 15. Juni zweifelsohne in ihrer ganze Breite als Volluniversität schon zu den exzellenten Hochschulen in Deutschland. Und das muss auch mit Titel so bleiben!
Text & Foto: Nicole Czerwinka