Hofgeflüster – die Stadtkolumne
Wenn man die Dresdner heute fragt, was am 13. Februar 1945 in ihrer Stadt passierte, dann senken sich die Augenlider demütig und Erzählungen vom Angriff auf die Stadt kullern wie Tränen. Fragt man die Dresdner aber, was am 25. Juni 2009 geschah, provoziert man wohl höchstens ein Stirnrunzeln und fragende Blicke. Der Tod von Michael Jackson? – Nur zur Erinnerung: Es ist der 25.6.2009. Die Unesco hat Dresden von der Weltkulturerbeliste gestrichen. Allen Versuchen der Stadt zum Trotz, die Brücke am Waldschlösschen als nettes Erbstück darzustellen, zeigte die Unesco kein Erbarmen.
Dresden verlor seinen Welterbetitel und bekam eine neue Sehenswürdigkeit. Nach langen Jahren des Kampfes weiß man nun an der Elbe, was ein „Brückengegner“ ist und wie die kleine Hufeisennase aussieht, auch über die Bedürfnisse von Bibern sind wir bestens im Bilde. Heute ist der Streit um die Elbquerung zwar keineswegs geschlichtet, im Lärm der Baustelle aber sehr viel leiser geworden. Und die Dresdner fügen sich in ihr Schicksal: Ob mit oder ohne Brücke, Dresden ist und bleibt für uns die schönste Stadt der Welt! Die Brücke kann das Canaletto-Bild vom glänzenden Barock nicht bekleckern, so wie auch die Bomben im zweiten Weltkrieg die Illusion vom idyllischen Elbflorenz nicht aus den Köpfen sprengen konnten. Dresden lebt von seinem Stolz auf sich selbst. Und der war schließlich schon vor dem Weltkulturerbetitel da. So verwundert es auch nicht, dass der 25. Juni heute für viele „nur“ noch der Todestag von Michael Jackson ist. Die Waldschlösschenbrücke ist vielleicht für viele Dresdner noch immer ein Feind – aber für Dresden ein Feind ohne Waffen.