Ralf Günthers Sommernovelle „Die Badende von Moritzburg“
Ralf Günther entführt die Dresdner in seinen Büchern seit Jahren in die Vergangenheit ihrer Stadt. Er erfindet seine Geschichten rund um wahre Begebenheiten und reale Personen, lässt diese in seinen Romanen phantasievoll zur Fiktion gedeihen. In seinem neuesten Werk wählt der gebürtige Kölner und Wahldresdner das Lahmann-Sanatorium auf dem Weißen Hirsch, die Künstlergruppe die Brücke und die Moritzburger Teichlandschaft als Eckpunkte einer kurzweiligen Sommernovelle.
Es gibt Orte, die liegen vor der Haustür, ganz nah und sind doch so geheimnisvoll wie die Geschichten in einem guten Märchenbuch. Der kleine Leuchtturm auf der Mole am Bärnsdorfer Großteich ist so ein Ort. Schon von Weitem leuchtet er in zartem Rosa wie ein warmer Farbtupfer in der weißen Winterlandschaft.
Immer, wenn der Schnee rieselt und puderzuckrig die Landschaft dekoriert, wird Moritzburg zum Märchenland. Und das nicht nur, weil es so schön aussieht, sondern auch weil das Moritzburger Schloss einst zur romantischen Filmkulisse wurde. Im Jahr 1973 war das und noch heute strömen junge und alte Märchenfans alljährlich – am liebsten um die Weihnachtstage – an diesen Ort, wo damals Václav Vorlí?eks Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ entstand.
Dem tschechischen Märchen und seinen Machern huldigt an diesem markanten Drehort seit 2009 regelmäßig auch die „Winterausstellung zum Kultfilm“. Deren dritte Auflage lockte seit der Eröfnung am 10. November vergangenen Jahres schon sage und schreibe über 80.000 Besucher ins Jagdschloss. Neben den Originalkostümen, Requisiten, Kulissen sowie der Entstehungsgeschichte des Märchenfilms stehen hierbei dieses Mal der tschechische Regisseur und die Filmmusik im Fokus. Karel Svoboda, der die wahrhaft märchenhafte Musik zu dem Film schuf, war auch über die Grenzen Tschechiens hinaus ein renommierter Komponist und dürfte einigen zudem als Vater des „Biene Maja“-Liedes (interpretiert von Karel Gott) bekannt sein. Seine großen Erfolge als Komponist sowie sein tragisches Schicksal auf privater Seite gehen inmitten der überwiegend romantischen Filmerinnerungen wahrlich zu Herzen. Die älteren Besucher dagegen werden sich auch noch an den einen oder anderen Märchenfilm des tschechischen Regisseurs Vorlí?ek erinnern. Da gab es zum Beispiel noch „Das Mädchen auf dem Besenstiel“ (1972) oder „Wie man Dornröschen wachküsst“ (1977).
Gelegenheit zur Rückschau gibt es von heute (3.2.) an noch genau vier Wochen lang. In dieser Zeit können sich die Besucher noch – oder auch erstmals – in den Zauber der Moritzburger Märchenwelt begeben und auf den rund 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf Aschenbrödels Spuren wandern. Schnee freilich braucht es für das optimale Märchenfeeling in Moritzburg nicht unbedingt. Schließlich war auch der Winter zur Entstehungszeit des Films 1973 so mies, dass das Filmteam damals notgedrungen mehrere Säcke Kunstschnee verstreuseln musste. Nach dem 3. März wird die Wartezeit, bis Aschenbrödel wieder das Schloss erobert, allerdings lang. So wird die wohl schönste Märchenstory der DDR-?SSR-Filmgeschichte im Jagdschloss erst ab 16. November 2013 (dann bis zum 2. März 2014) erneut wachgeküsst.
Moritzburger Märchenlandschaft erfreut auch in Norwegen
Der tschechische Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ gehört für viele ebenso zu Weihnachten wie Tannenbaumnadeln und Pfefferkuchen. Im Winter 1972/73 unter anderem in Moritzburg gedreht, ist der Film zudem ein Stück Heimat. Jens Czerwinka (Foto: N. Laube) staunte daher nicht schlecht, als er die Märchen-DVD eines Tages auch unter den Weihnachtswaren in seinem norwegischen Geschäft entdeckte. Der gebürtige Görlitzer ist 2006 von Dresden nach Kristiansand ausgewandert und dort seit 2008 Geschäftsführer eines kleinen Warenhauses namens Europris. „Für die Norweger gehört der Film ebenso zur Adventszeit, wie für uns Ostdeutsche“, erzählt er. Und das ist schon seit vielen Jahren so.
Bis heute wird das Märchen in norwegischer Übersetzung unter dem Titel „Tre nøtter til Askepott“ immer am ersten Advent auf dem Sender NRK ausgestrahlt. Auch Norweger jüngerer Generationen sind mit dem Film aufgewachsen. „Viele Kunden kommen in meinen Laden und fragen nach der DVD“, sagt Jens Czerwinka. „Ich erzähle ihnen dann, dass ich daher komme, wo das Märchenschloss steht.“ Norwegen gehört damit neben Tschechien, Deutschland und der Slowakei zu den wenigen Ländern, in denen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ seit über dreißig Jahren immer zur Weihnachtszeit im Fernsehen läuft. Moritzburg und die Hauptdarsteller Rolf Hoppe (als König), Libuse Safrankova (als Prinzessin) und Pavel Travnicek (als Prinz) bringen auch in diesem Advent Weihnachtsfreuden in die Herzen – in Norwegen ebenso wie hierzulande – bei uns ist das Märchen wieder am 24. (WDR, RBB, ORF), 25. (ADR) und 26. Dezember (HR, BR, RBB, MDR, NDR, SWR) in den öffentlichen-rechtlichen Sendern zu sehen.