Beklemmende Aussicht auf brennende Ruinen

Yadegar Asisi gewährt den Blick auf „Dresden 1945“

Die Orientierung fällt schwer in diesem traurigen Panorama aus zerstörten Häusern, Kirchruinen und von Schutt bedeckten Straßen. Yadegar Asisis Blick auf „Dresden 1945 – Tragik und Hoffnung einer zerstörten Stadt“ im Panometer Reick ist wahrhaft schonungslos. So schonungslos, dass er echte Dresdner fast zu Tränen rührt. Vom Rathausturm schaut man auf die zerbombte Stadt. Als markante Punkte blieben nach dem Angriff am 13. und 14. Februar 1945 allein die ausgebrannte Kreuzkirche, die schon eingestürzte Frauenkirche und die Zitronenpresse auf dem Dach der Kunstakademie. An manchen Stellen steigen noch Rauchschwaden in den Himmel, woanders brennt lichterloh das Feuer.

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Einmal Barockzeit und zurück

Mythos statt Weltstadt im Panometer

Nein, das alte Rom ist in Dresden offenbar nicht so gefragt. Zu heimatverbunden sind die Bürger dieser Stadt – oder wie sonst sollte es zu erklären sein, dass sie nach nicht mal einem Jahr „Rom 312“ im Panometer Reick nun seit dem 1. Dezember 2012 wieder lustwandelnd auf das barocke Dresden hinabblicken? Dieses riesige 360-Grad-Panoramabild lockte unter dem Titel „1756 Dresden dem Mythos auf der Spur“ bereits von 2006 bis 2011 in das alte Dresdner Gasometer. Nun hat der Künstler und Architekt Yadegar Asisi seine dank intensiver Recherchen nahezu originalgetreue Dresdner Ansicht in Topografie und Figurendarstellung noch einmal überarbeitet.

Geblieben ist dabei der barocke Blick auf das Dresden in der Glanzzeit Augusts des Starken. Diese Rundumsicht, vom imaginären Turm der Katholischen Hofkirche im Herzen der Stadt aus gedacht, lässt den Besucher zeitweise tatsächlich glauben, er sei via Zeitmaschine nach Dresden um 1754 befördert worden. Die eigentliche Panoramafaszination wird dabei vorbereitet und ergänzt von einer musealen Rundtour durch die wichtigsten Fakten und Eckdaten des Augusteischen Zeitalters. In der Überarbeitung des Bildes liegt der Fokus nun aber nicht mehr nur auf der topografischen Erscheinung der Stadt, sondern auch auf deren Bewohnern. Mit viel Liebe zum Detail widmet sich Asisi dem Leben am sächsischen Hofe sowie dem Alltag der Bürger, Krämer, Fischer, Dienstboten und Handwerker Dresdens und verdichtet die Zeit zwischen 1695 und 1760 so zu einer Momentaufnahme des Dresdner Barock.

Wer sich Zeit nimmt, die zahlreichen Szenen des Panoramas zu studieren, der wird nicht nur das Rhinozeros Clara, sondern auch Hofnarr Joseph Fröhlich, die Gräfin Cosel, Sänftenträger, Waschfrauen und die Ankunft der Sixtinischen Madonna in der Dresdner Galerie entdecken. Die Reise in den Dresdner Barock wird dabei einzig und allein vom panometereigenen Tag-Nacht-Rhythmus – samt Nachtwächter, Feuerwerk, Gewittergrollen und Hahnenschrei – gestört. So müssen die optischen Streifzüge in Dresdens Geschichte für die allzu nah aufeinanderfolgenden Dunkelphasen oft unterbrochen werden.

Das Erlebnis an sich lohnt die Fahrt nach Reick allerdings allemal und lädt im Januar mit einigen Sonderführungen zudem zum extralangen Verweilen bei allerlei Geschichtlichem ein. So steht beispielsweise am 6. und 13. Januar (jeweils 15 Uhr) das Ferienprogramm „Von Händlern, Gauklern, Dieben und Heiligen“ für drei Euro Aufpreis zum Eintritt als kurzweilige Familienführung auf dem Programm. Ein „Sinnlicher Spaziergang“ durch das alte Gasometer entführt dagegen die Großen erstmals am 12. und 26. Januar (16 Uhr, Voranmeldung erforderlich) bei einem Glas Meißner Wein vor dem Panoramabild leibhaftig in das Genussleben der höfischen Barockgesellschaft. – Auf das Erlebnis der antiken Weltstadt Rom können die Dresdner und ihre Gäste angesichts dieser Barock-Renaissance wohl tatsächlich getrost verzichten.

Linktipp: www.asisi.de

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