Das Tal der Superhirne, Teil II
In Dresden wird seit jeher gefragt, geforscht und entdeckt. Allein die Technische Universität meldete 2011 rund 120 Patente an – und ist damit bundesweiter Spitzenreiter. Doch auch an den anderen Hochschulen und Instituten der Stadt köchelt es in den Erfinderstübchen. www.elbmargarita.de stellt in einer losen Serie DDner Entdeckungen vor:
Was sind eigentlich organische Halbleiter? „Das sind organische Kohlenstoffmaterialien, die ähnlich wie die bisherigen Halbleiter aus Siliziumkristallen in der Elektronik eingesetzt werden können, jedoch weit vielfältiger verwendbar und besonders energiesparend sind“, erklärt Professor Karl Leo von der Technischen Universität Dresden (TU). Leo erforscht organische Halbleiter an der TU schon seit den 90er Jahren. Gemeinsam mit Dr. Jan Blochwitz-Nimoth von der Novaled AG und Dr. Martin Pfeiffer von der Heliatek GmbH ist es ihm nun erstmals gelungen, organische Halbleiter für den Einsatz in verschiedensten Produkten entscheidend zu verbessern.
Die Wissenschaftler schufen die Basis für Anwendungen von Displays, Beleuchtung und Photovoltaik, die bis dato undenkbar waren. So können die organischen Halbleiter dank des Dresdner Forscherteams künftig die heute gebräuchlichen kristallinen Materialien wie Silizium mit neuen Nutzungsmöglichkeiten in der Elektronik ergänzen. „Man kann diese Leiter zum Beispiel transparent machen und in Gebäude und Fenster integrieren“, erklärt Professor Leo. Auch die Biegsamkeit der Halbleiter sei ein grundlegender Vorteil. So lassen sich die Materialien vergleichsweise einfach und kostengünstig zu Transistoren, Leuchtdioden oder Solarzellen mit ungewöhnlichen Eigenschaften verarbeiten: als dünne, biegsame und transparente Folien fast beliebiger Größe. Die Dresdner Forscher verbesserten die Effizienz organischer Leuchten und Lichtfänger zudem deutlich, indem sie die Kunststoffe darin mit bestimmten Fremdsubstanzen „spickten“. Sie entwarfen organische Leuchtdioden (OLED), die eine größere Lichtausbeute haben als Leuchtstoffröhren, was zum Beispiel für die Beleuchtung in Büros angewendet werden könnte.
„Wir stellen uns vor, dass die organischen Halbleiter später als großflächige Leuchten in verschiedenen Farben etwa wie eine Tapete an die Wand geklebt werden können“, sagt Leo. Auch durchsichtige dünne Solarzellen könnten künftig auf Autos oder Kleidungsstücken haften und Strom aus Sonnenlicht erzeugen. Für die Fertigung solcher Produkte haben die Forscher in Dresden eine erste Rolle-zu-Rolle-Anlage errichtet, die organische Elektronik-Bauteile auf eine dünne Unterlage druckt – ähnlich wie eine Zeitung auf Papier. Die patentierten Anwendungen werden inzwischen bereits in zwei ausgegründeten Unternehmen realisiert. Das Forschungsprojekt wurde im Dezember mit dem Deutschen Zukunftspreis 2011 ausgezeichnet.
Nicole Czerwinka
(erschienen in SAX 02.12, Seite 10/11)