Regentanz der Illusionen

„Eine Sommernacht“ am Societaetstheater

Es gibt sie, diese Momente im Leben, in denen sich plötzlich alles ändert und selbst die Schwere leicht zu werden scheint. Von einem solchen Moment erzählt auch das Stück „Eine Sommernacht“ des schottischen Dramatikers David Greig, das am 26. Januar im Societaetstheater Dresden Premiere feierte. Dieses ironisch-witzige Werk über ein ungleiches Paar im rauen schottischen Edinburgh lässt weder Platz für süßliche Romantik noch für schwermütige Melancholie.

Unter der Regie von Constanze Kreusch treffen die beiden Protagonisten dieser Komödie zunächst – von hypnotischer Musik begleitet – vor einer lichten Blumenlandschaft mit wässrigem Spiegelsee aufeinander, die sich jedoch schnell als Traumlandschaft entpuppt. Diese Anfangsszene, in der Philipp Lux als begieriger Esel und Oda Pretzschner als blonde Nymphe (Foto: PR/Detlef Ulbrich) erscheinen, erinnert spontan noch an eine äußert ulkige Adam-und-Eva-Adaption. Flugs entpuppt sich dieser Garten Eden aber als schottischer Weinkeller inmitten von Edinburgh, in dem die Scheidungsanwältin Helena (gerade von ihrem verheirateten Lover versetzt) auf den geschiedenen Gauner Bob trifft und ihn einlädt, mit ihr eine Flasche Wein zu leeren. Mit Blick auf den Regen, „der alles wegspült, was einem an Illusionen noch geblieben ist“, lässt dieser sich scheinbar widerwillig doch auf das Angebot ein.

Und so stülpen die beiden ihre Gummiestiefel über, um wenig später betrunken durch schottische Regenpfützen zu torkeln und am Ende zusammen im Bett zu landen. Dort haben sie halbherzigen, aber sehr mühevollen Sex, der dem Publikum viele Lacher beschert, die Einsamkeit der Hauptpersonen jedoch nicht vertreiben kann. Statt des Abschieds am Morgen gibt es ein zufälliges Wiedersehen, das für beide in einer verrückt unbeschwerten Midsommernacht voller Träume endet.

Abwechslungsreich und mit vielen Gags versehen, schwankt Greigs Stück beständig irgendwo zwischen szenischer Erzählung und Theaterdialog. Die Geschichte entfaltet sich in einem unterhaltsamen Spiel mit dem Spiel, bei dem Philipp Lux und Oda Pretzschner abwechselnd den Erzählerpart für den jeweils anderen übernehmen und dabei in Windeseile in verschiedenste Rollen schlüpfen. Zwischendurch streiten sie als Protagonisten darum, wie es wirklich war oder welche Begebenheiten für das Verständnis nun tatsächlich nötig sind.

Im rasenden Tempo fliegen die Szenen als eine Mischung aus Erlebten und Illusion vorbei, sodass die Inszenierung teilweise wie ein rasches Zappen durchs Fernsehprogramm daher kommt. Das wirkt an einigen Stellen fast schon ein bisschen zu nervös und abgedreht, wird aber immer wieder von einem wohltuenden Innehalten in ruhigeren, auch nachdenklichen, Szenen abgefangen. Die beiden Darsteller begeistern dabei mit großer Wandelbarkeit in einem oft fast schon ans Kabarettistische grenzenden Spiel voller Witz und triefender Ironie.

Dennoch schafft es diese kuriose „Sommernacht“ zweier im (privaten) Leben gescheiterter Mittdreißiger zwischendrin auch immer wieder zu berühren, ohne gleich schwermütig zu sein. Vielleicht ist das ja auch das Geheimnis dieses Abends, der seine Protagonisten am Ende wieder in die Esels- und Nymphenrolle im blumigen Garten Edinburgh vom Anfang zurückführt. Dorthin, nämlich, wo sich die vom Regen verwaschenen Illusionen nun in der glatten Oberfläche des Sees widerspiegeln.

Nicole Czerwinka

„Eine Sommernacht“, Societaetstheater Dresden, wieder am 27.1., 9.2., 10.2. und 17.3., je 20 Uhr

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Künstlertagebücher aus dem Osten

„szene: BALTIKUM“ am Societaetstheater

Lettland, Estland und Litauen sind vom 4. bis zum 16. Mai zu Gast in Dresden. Dann lädt das Societaetstheater zum 6. Mal zum „szene“-Festival ein. Nachdem 2011 Künstler aus Schottland in Theaterstücken, Performances, Tanz und Filmen ein Stück fremdländische Kultur in die Elbmetropole brachten, soll der Fokus sich dieses Mal wieder gen Osteuropa richten, ins Baltikum. „Eigentlich wählen wir immer nur ein Land, das sich hier präsentiert“, erklärt Brit Magdon, die künstlerische Leiterin des Societaetstheaters. „Aber bei einem Theaterfestival in Riga vergangenen Herbst habe ich gemerkt, dass die drei baltischen Länder sehr stark miteinander verbunden sind“, sagt sie. Obwohl jedes Land für sich genug Potenzial für ein eigenes Festival böte, wird die diesjährige Veranstaltung daher unter dem Motto „szene: BALTIKUM“ stehen.

In den insgesamt 13 Aufführungen werden zwei Produktionen aus Litauen, vier aus Lettland und drei aus Estland gezeigt. „Die Theaterproduktionen werden in englischer Sprache mit Übersetzung gespielt“, sagt Magdon. Die künstlerische Leiterin hat sich im Vorfeld schon intensiv mit der Kunst im Baltikum auseinandergesetzt und dabei auch deutliche Unterschiede etwa zu deutschem Theater entdeckt. „In den Theaterstücken wird sehr oft die Frage nach der Rolle der Kunst und des Künstlers auf der Bühne gestellt“, sagt sie. „Die Künstler nehmen ihre eigene Person dabei nicht raus. Oft ist es sogar so, dass wir tagebuchartige Dinge erfahren, die dann künstlerisch überhöht werden. Das wirkt sehr warmherzig und ehrlich.“

So handelt das Stück „Show your face“ (13.5., 20 Uhr) beispielsweise von der Reise eines kleinen „Jedermanns“ durch das 20. Jahrhundert – und erzählt die Geschichte des Menschen zwischen Individualität und Gesellschaft. Ungewöhnliche Sehgewohnheiten beschert auch das lettische Stück „Mitjas Liebe“ nach einer Novelle des ersten russischen Literatur-Nobelpreisträgers Iwan Bunin im Societaetstheater (4.5., 20 Uhr). Der kleine Saal ist für diese Inszenierung extra umgebaut worden, damit der Eindruck eines lebendigen Gemäldes entsteht. Zur Festivaleröffnung im Festspielhaus Hellerau wird am 5. Mai Maxim Gorkis „Nachtasyl“ (Foto: PR/D. Matvetjev) in einer Litauischen Produktion gezeigt. Ab 21.30 sind zudem alle zur Festivalparty mit Musik aus dem Baltikum eingeladen.

Nicole Czerwinka

Societaetstheater: „szene: BALTIKUM“ 4. bis 16. Mai 2012

Linktipp: www.societaetstheater.de

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Einladung ins Reich der Phantasie

 

Institut francais eröffnet Kunstausstellung

Die Künstlerin Romane Holderried Kaesdorf ist in Dresden nicht wirklich bekannt. Noch nicht. Denn am 24. Februar wird im Institut francais eine Ausstellung mit 18 Werken aus dem Nachlass der Zeichnerin eröffnet. Kaesdorf wurde 1922 im baden-württemberg’schen Biberach an der Riß geboren und begann 1942 an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart ein Studium der Malerei und Grafik. Sie verstarb im Jahr 2007 in ihrer Heimatstadt Biberach. In den mehr als sechs Jahrzehnten ihres Schaffens entstanden etwa 2000 Werke. In Kaesdorfs Zeichnungen stand dabei stets die menschliche Figur im Vordergrund. Die 18 Werke, die nun vom 25. Februar bis zum 15. April in Dresden zu sehen sein werden, sind zwischen 1973 und 2006 entstanden und geben einen kleinen Einblick in das Schaffen von Kaesdorf.

Die Vernissage findet am 24. Februar um 19.30 Uhr im Dresdner Institut francais auf der Kreuzstraße statt. Sie wird von den Tännzerinnen der Compagnie Degadezo aus Straßburg umrahmt, die sich bei der Erarbeitung ihres neuen Theaterstücks „Romane – mit dem Boot durch zwischen einem Stuhl und einem Wort“ von den Bildern der Künstlerin inspirieren ließen. Es feiert am 26. Februar im Dresdner Societätstheater Premiere. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei. (NL)

Zu den Bildern: Romane Holderried Kaesdorf „Die Prüfung der Dauerwelle“/1996 (li.), „Umarmung der Stöcke“/1999 (re.)

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