Jüdische Musik- und Theaterwoche zeigt junge Kunst
„Jüdisch. Jetzt!“, heißt das Motto der 18. Jüdischen Musik- und Theaterwoche vom 26. Oktober bis zum 8. November in Dresden. Das klingt vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Ereignisse in Israel fast wie eine Kampfansage, ist aber gar nicht so gemeint. Denn nicht Politik, sondern die junge jüdische Kultur, die sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr in Deutschland und Europa zu formen begann, will Valentina Marcenaro, die künstlerische Leiterin des Festivals, in den Fokus rücken.
Inmitten des herbstlichen Blätterrauschens lädt die Jüdische Musik- und Theaterwoche in Dresden alljährlich zum kulturübergreifenden Kunstgenuss ein. Einst als jiddische Woche ins Leben gerufen, haben sich Organisatoren und Gastgeberinstitutionen inzwischen als Verein formiert und holen vom 13. bis zum 27. Oktober bereits in der 17. Auflage wieder jüdische Künstler in die Stadt. Erstmals hat die Woche – eigentlich sind es ja zwei – mit Valentina Marcenaro (Foto: PR/Amac Garbe) dieses Jahr eine waschechte Jüdin als Festivalleiterin bekommen – und wird unter dem Motto „Nachbarn im Osten“ mitten in Dresden ein Stück jüdische Kultur aus Tschechien und Polen präsentieren.
„Es soll um zeitgenössische Sichtweisen der Künstler auf ihre Kultur gehen“, erzählt Valentina Marcenaro. Das Spektrum der insgesamt 35 Veranstaltungen in diesen 14 Tagen reicht von Lesungen, über Konzerte, Filme, Theater, Ausstellungen bis hin zu Vorträgen, Gesprächen und Habräischkursen. Erstmals wird es in diesem Jahr eine Nacht der Synagoge geben (19. Oktober), sie wird von der Jüdischen Gemeinde Dresden gestaltet und stellt verschiedene Themenorte in der Synagoge vor.
Eine Neuauflage erfährt auch die Jüdische Ballnacht (18. Oktober), die im Jahr 2010 mit rund 120 Besuchern im Gemeindesaal der Synagoge erfolgreich Premiere feierte. Dieses Mal wird im Hygienemuseum getanzt, wo die Besucher unter Anleitung typisch jiddische (Volks-)Tänze zelebrieren können. „Das hat nichts mit einem steifen Ballabend in Abendkleid und Smoking gemein, sondern ist eher eine lockere Atmosphäre, wo alle gemeinsam tanzen“, sagt Marcenaro.
Doch auch Film- und Theaterfans kommen beim Festival auf ihre Kosten. Ein Höhepunkt wird sicher die Deutschlandpremiere „Ein Stück über Mutter- und Vaterland“ in einer Inszenierung des polnischen Regisseurs Jan Klata am Staatsschauspiel Dresden (24. Oktober) sein. Klata, der den Dresdnern bereits durch seine deutsch-polnische Version von Shakespeares „Titus Andronicus“ bekannt sein dürfte, die fast genau ein Jahr zuvor am Kleinen Haus Premiere feierte, habe dieses Stück selbst für das Festival ausgesucht.
Ein ebenfalls spannender Import aus Polen ist der Film „Pok?osie – Nachlese“ von W?adys?aw Pasikowski aus dem Jahr 2012 (14. Oktober), der heftige Diskussionen im Heimatland entfesselte. Regisseur Pasikowski rüttelt in seinem Werk am Selbstverständnis der Polen, in dem er sie nicht als Kriegsopfer, sondern als Komplizen des Judenmords während der Naziherrschaft zeigt. Der Abend im Thalia wird mit einer Gesprächsrunde zum Thema ausklingen.
Eher historisch ausgerichtet sind auch zwei tschechische Beiträge zum Festival. Ein Schülerprojekt aus Tschechien wird dabei zum Dreh- und Angelpunkt einer Ausstellung im Stadtmuseum, die dort noch bis zum 27. Oktober unter dem Titel „Verschwundene Nachbarn“ zu sehen ist. Sie ist Bestandteil eines langfristigen Bildungsprojektes vom Jüdischen Museum in Prag, wo Jugendliche zwischen 12 und 21 Jahren nach Nachbarn vergangener Generationen forschen, die aufgrund der Nürnberger Rassengesetze einst „verschwunden“ sind.
In Zusammenarbeit mit dem Mitteleuropazentrum der TU Dresden spürt eine Projektgruppe aus Theresienstadt zudem Erinnerungsorte in Dresden und Theresienstadt auf, um daraus eine „Landschaft des Gedenkens“ zu entwerfen. Das grenzübergreifende Projekt will im Rahmen des europäischen Ziel3-Programms bis Mitte 2014 eine multimediale Präsentation zum Thema erstellen: Ein 3D-Modell zur „Landschaft der Gedenkens“ wird die Erinnerungsgeographie der böhmisch-sächsischen Grenzregion im ‚Dritten Reich‘ bis dahin virtuell repräsentieren. Das Projekt wird am 14. Oktober, um 17 Uhr im Museumscafé des Stadtmuseums Dresden vorgestellt.
Über Polen und Tschechien hinaus hat Valentina Marcenaro in diesem Jahr auch die Festivalsäule des „Israelischen Kulturfensters“ präzisiert. „Das Festival hat immer schon Künstler aus Israel eingeladen. Die israelische Kulturlandschaft ist sehr interessant, aber israelisch ist nicht gleich jüdisch“, erklärt sie den Hintergrund – und empfiehlt das israelische Acco Theatre Centre, das im Societaetstheater mit „Um Muhamad“ (16. Oktober) aufspielt, einem Stück, in dem eine jüdische und eine muslimische Israelin über ganz ähnliche Verluste im Leben ins Gespräch kommen.
! Achtung Freikartenverlosung:Elbmargarita verlost je zwei Freikarten für das Klezmafour-Konzert (PL) am 17.10. (21.30 Uhr) in der Scheune und das Konzert „Yiddish Evergreens“ mit Sharon Brauner (D) am 19. 10. (22 Uhr) im Jüdischen Gemeindezentrum. Einfach bis zum 15. Oktober eine E-Mail mit dem Stichwort „Elbmargarita“ an presse(at)juedische-woche-dresden.de senden und gewünschtes Konzert sowie den Namen mit angeben. Viel Glück!